Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
31<br />
Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
barung von ATZ-Arbeitsverhältnissen mit mehr als sechs Jahren Laufzeit in <strong>der</strong><br />
chemischen Industrie keinen „direkten“ tarifvertraglichen Anspruch.<br />
Einen allgemeinen Rechtsanspruch enthalten die wenigsten Tarifverträge zur <strong>Altersteilzeit</strong>;<br />
jedoch sind in den Tarifverträgen einzelner großer Branchen Rechtsansprüche<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten ab einem bestimmten Lebensalter geregelt worden: Bereits <strong>der</strong> erste<br />
Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Mai 1998) enthält einen Rechtsanspruch<br />
auf <strong>Altersteilzeit</strong> ab vollendetem 60. Lebensjahr. Dieser Rechtsanspruch ist<br />
im zweiten Tarifvertrag <strong>der</strong> Gewerkschaft ÖTV zur <strong>Altersteilzeit</strong> (Juni 2000) erhalten<br />
geblieben. Auch in <strong>der</strong> Metallindustrie enthält <strong>der</strong> Tarifvertrag zur <strong>Altersteilzeit</strong><br />
(Laufzeit bis zum 30. April 2003) einen nach Lebensalter geregelten Rechtsanspruch<br />
<strong>der</strong> Beschäftigten auf <strong>Altersteilzeit</strong>: Während nach dem Manteltarifvertrag ATZ die<br />
Beschäftigten ab vollendetem 61. Lebensjahr einen individuellen Rechtsanspruch auf<br />
<strong>Altersteilzeit</strong> haben, erhalten die Beschäftigten nach dem „Tarifvertrag zur Beschäftigungsbrücke“<br />
(März 2000) bereits ab vollendetem 57. Lebensjahr einen Anspruch 17<br />
auf eine – maximal sechsjährige – „verblockte“ <strong>Altersteilzeit</strong>. Damit können die<br />
Metall-Beschäftigten ihr Arbeitsleben faktisch – wenngleich nicht arbeitsrechtlich –<br />
mit dem vollendeten 60. Lebensjahr beenden.<br />
Ergebnisse <strong>der</strong> Betriebs- <strong>und</strong> Personalrätebefragung (WSI) zur Nutzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> in Betrieben <strong>und</strong> Behörden<br />
Die Umsetzung <strong>der</strong> gesetzlichen <strong>und</strong> <strong>tarifliche</strong>n ATZ-Regelungen in den Betrieben <strong>und</strong><br />
Behörden über Betriebs- bzw. Dienstvereinbarungen bildet ein noch weitgehend<br />
unbekanntes Feld von ATZ-Regelungen 18 . Einen ersten – halbwegs repräsentativen –<br />
Überblick bietet die Ende 1999/Anfang 2000 vom WSI durchgeführte Betriebs- <strong>und</strong><br />
Personalrätebefragung, die einige Fragen zur <strong>Altersteilzeit</strong> enthält. Diese Befragung<br />
richtete sich an Betriebe bzw. Dienststellen ab 20 Beschäftigten mit Betriebs- bzw.<br />
Personalrat, d. h. Arbeitsstätten ohne betriebliche Interessenvertretung sowie Betriebe<br />
<strong>und</strong> Dienststellen mit weniger als 20 Beschäftigten sind in dieser Betriebs- <strong>und</strong><br />
Personalrätebefragung nicht enthalten. Aufgr<strong>und</strong> des Erhebungszeitpunktes konnten<br />
17 Wie bereits ausgeführt, wird in <strong>der</strong> Metallindustrie <strong>der</strong> Anspruch auf <strong>Altersteilzeit</strong> ausgeschlossen,<br />
wenn 4 Prozent (ab 1. Mai 2000) bzw. 5 Prozent (ab 1. Mai 2002) aller Beschäftigten des Betriebes<br />
bereits von <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> Gebrauch machen bzw. wenn mehr als 40 % <strong>der</strong> 57-jährigen, mehr<br />
als 50 % <strong>der</strong> 58-jährigen, mehr als 60 % <strong>der</strong> 59-jährigen, mehr als 70 % <strong>der</strong> 60-jährigen Beschäftigten<br />
bereits einen <strong>Altersteilzeit</strong>arbeitsvertrag abgeschlossen haben.<br />
18 Eine Untersuchung <strong>der</strong> betrieblichen Umsetzung von ATZ-Tarifverträgen in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong><br />
Elektroindustrie wurde am Beispiel <strong>der</strong> Tarifbezirke in Baden-Württemberg sowie in Nordrhein-<br />
Westfalen auf Basis von freiwilligen Betriebsvereinbarungen im Jahre 1999 im Auftrag <strong>der</strong> Hans-<br />
Böckler-Stiftung durchgeführt (vgl. C. Barkholdt, u.a., Evaluation <strong>der</strong> betrieblichen Umsetzung von<br />
<strong>Altersteilzeit</strong>tarifverträgen am Beispiel <strong>der</strong> Tarifbezirke Nordrhein-Westfalen <strong>und</strong> Baden-<br />
Württemberg, Manuskript, Dortm<strong>und</strong> 2001). Im Unterschied zum Tarifvertrag in <strong>der</strong> Chemieindustrie<br />
setzte <strong>der</strong> zum Untersuchungszeitpunkt gültige Tarifvertrag in <strong>der</strong> Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie<br />
den Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung voraus, wenn die <strong>Altersteilzeit</strong> bereits ab dem<br />
55. Lebensjahr <strong>der</strong> Beschäftigten beginnen sollte.