Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
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Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer interessanten beruflichen Tätigkeit häufig einen späteren Anfang – <strong>und</strong><br />
häufig auch ein späteres Ende – ihrer <strong>Altersteilzeit</strong> (gemäß dem Blockmodell), wobei<br />
die magische Zahl 60 als Zielpunkt <strong>der</strong> tatsächlichen – noch nicht <strong>der</strong> rechtlichen –<br />
Beendigung <strong>der</strong> Berufstätigkeit den meisten Ingenieuren vor Augen steht.<br />
„Deswegen sage ich, die meisten Beschäftigten nehmen eher so Modelle, sag ich mal,<br />
so mit 56, 57, 58 Beginn <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong>. Also, dieses volle Ausschöpfen, so früh<br />
wie möglich raus mit dem höchsten Abschlag, ist seltener. Aus den Gründen, wo ich<br />
so sage, die Arbeit ist hier nicht so verhasst, deswegen gibt es mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
Momente, wo man sich sagt: „Na ja, ein bisschen Abschlag, bisschen eher in „Rente“<br />
o<strong>der</strong> in Freizeit.“ Das ist eher das Gängige. Deswegen gibt es auch eine hohe Attraktivität<br />
des Modells, weil das ja auch sehr selbstbestimmt ist. Es rechnen sich das viele<br />
aus, viele kennen ja ihre Rente, man kann sich das ja darstellen lassen, <strong>und</strong> man<br />
weiß im Prinzip, wo man sich drauf einlässt. Und dann gibt es viele, die so mit 54,<br />
55 anfangen, sich zu erk<strong>und</strong>igen, <strong>und</strong> dann sagen, „für mich ist es eher so, ich<br />
mache mit 57 einen Vertrag o<strong>der</strong> mit 58, <strong>und</strong> fange dann an mit <strong>der</strong> Arbeitsphase<br />
<strong>und</strong> höre dann faktisch mit 60 auf“, dann beginnen sie mit <strong>der</strong> Ruhephase.“ (Betriebsrat)<br />
Das <strong>Teil</strong>zeitmodell <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> ist im Betrieb gemäß <strong>der</strong> Gesamtbetriebsvereinbarung<br />
im Prinzip ausgeschlossen. Der Betriebsrat hat von den Kollegen nicht gehört,<br />
dass ein Interessse am <strong>Teil</strong>zeitmodell bestünde: „Die meisten Leute nehmen sowieso<br />
das Blockmodell. Ich habe noch nicht einmal Nachfragen gehört nach dieser Möglichkeit,<br />
sag ich mal so, des soften Ausscheidens.“<br />
Allerdings gibt es im Betrieb eine ausgesprochene „Vollzeitkultur“. Die <strong>Teil</strong>zeitquote<br />
ist sehr gering, selbst unter den wenigen weiblichen Beschäftigten. Die männlichen<br />
Beschäftigten sind es gewohnt, voll zu arbeiten, sie haben selbst keine Erfahrung mit<br />
<strong>Teil</strong>zeitarbeit in ihrem Berufsleben gemacht <strong>und</strong> können sich daher auch nicht so<br />
recht vorstellen, <strong>Altersteilzeit</strong> als Halbtagsarbeit zu verrichten: „Man fällt dann so halb<br />
raus, ist nur noch halb drin.“ (Ingenieur aus dem <strong>Entwicklung</strong>sbereich)<br />
Die Einbindung in Projektarbeit macht es zudem unmöglich, als <strong>Entwicklung</strong>singenieur<br />
die <strong>Altersteilzeit</strong> als Halbtagsarbeit zu organisieren:<br />
„Nein, es gibt überhaupt kein Interesse daran, ich habe wirklich noch keine Beratung<br />
gehabt, wo jemand gesagt hat: „Ich würde gerne langsam hinaus gleiten.“ So, da<br />
muss man einfach bei berücksichtigen, wie Sie schon sagen, natürlich ist das so, dass<br />
es auch davon abhängt, wie sehe ich meine Arbeit. Und wenn Sie sowieso sieben<br />
St<strong>und</strong>en am Tag hier sind <strong>und</strong> einen attraktiven Job haben, dann gibt es eigentlich so<br />
ein „Gefühl“, insbeson<strong>der</strong>e im <strong>Entwicklung</strong>sbereich, zu sagen: „Ich mache jetzt nur<br />
meine 3,5 St<strong>und</strong>en am Tag o<strong>der</strong> meine drei St<strong>und</strong>en am Tag.“ Dann sind Sie in einer<br />
Situation, wo Sie einfach kaum noch was machen können, es gibt ja so ein hohes<br />
Kommunikationsniveau, wenn ich, sag ich mal, Ingenieur bin <strong>und</strong> arbeite in Projekten,<br />
wenn hier <strong>und</strong> da eine Besprechung ansteht, dann sind Sie kaum noch in <strong>der</strong><br />
Lage, da was umzusetzen.“ (Betriebsrat)<br />
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