Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
Teil I Gesetzliche, tarifliche und faktische Entwicklung der Altersteilzeit
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Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
positiven Erwartungen an den vorzeitigen Ruhestand verb<strong>und</strong>en wird: „Es gibt auch<br />
viele, die sich im Nachhinein etwas vorgenommen haben. Ich finde, die sind immer<br />
aktiver geworden, die älteren Mitarbeiter. Das heißt, die haben sich vorgenommen,<br />
nach Spanien zu ihrem Häuschen zu gehen o<strong>der</strong> Hobbys zu verwirklichen. Das höre<br />
ich im Moment ganz viel. Also, da hat sich scheinbar auch irgendwas getan bei<br />
unseren Mitarbeitern." (für <strong>Altersteilzeit</strong> zuständige Referentin <strong>der</strong> Personalabteilung)<br />
Im Oktober 2001 wurden im Auftrage <strong>der</strong> BSAG vom Hamburger Soziologen Jürgen<br />
Prott (HWP) 89 <strong>der</strong> 138 „<strong>Altersteilzeit</strong>er“ schriftlich <strong>und</strong> 23 von ihnen nochmals<br />
intensiv befragt. Ergebnisse dieser Befragung wurden in einer Son<strong>der</strong>ausgabe (März<br />
2002) <strong>der</strong> Betriebszeitung <strong>der</strong> Bremer Straßenbahn AG veröffentlicht.<br />
Die Sorge um die Ges<strong>und</strong>heit steht im Mittelpunkt <strong>der</strong> Motive: 88 Prozent <strong>der</strong> von<br />
Jürgen Prott Befragten haben angegeben, sie wollten durch die <strong>Altersteilzeit</strong> ihre<br />
„Ges<strong>und</strong>heit schonen“. Zwischen den „Kontinuierlichen“ <strong>und</strong> den „Blockern“ hat Prott<br />
die folgenden Unterschiede festgestellt: „Wer sich für die erste Variante entschieden<br />
hat, verweist häufig vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer langen Betriebszugehörigkeit auf seine<br />
angeschlagene Ges<strong>und</strong>heit, die möglichst rasch durch verringerte Arbeitsbelastung<br />
stabilisiert werden soll. Das ist das eine. An<strong>der</strong>erseits heben diese Personen im<br />
Interviewgespräch häufig die Sorge vor dem „tiefen Loch“ hervor, in das man beim<br />
abrupten Ausscheiden aus dem Betrieb fallen kann. Die „langsame Gewöhnung“ an<br />
die Zeit jenseits <strong>der</strong> Berufstätigkeit wird als schrittweise Einübung in einen verän<strong>der</strong>ten<br />
Lebensrhythmus empf<strong>und</strong>en.“<br />
Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Motive <strong>der</strong> „Blocker“ steht nach Prott folgende Einschätzung:<br />
„Auch sie wollen ihre Belastungen in ges<strong>und</strong>heitsschonen<strong>der</strong> Weise verringern, aber<br />
sie fühlen sich offenbar noch nicht <strong>der</strong>art verbraucht, dass sie nicht noch ein paar<br />
Jahre durchzuhalten verstünden. Diese Personen geben unumw<strong>und</strong>en zu, so schnell<br />
wie möglich das Ende ihrer Berufstätigkeit erreichen zu wollen. Man begreift die<br />
aktive Phase <strong>der</strong> Blockzeit gewissermaßen als einen letzten Kraftakt, an dessen Ende<br />
<strong>der</strong> vorzeitige Übergang in die berufliche Freistellung lockt.“<br />
Prott vermutet, dass die Wahl zwischen dem Block- <strong>und</strong> dem <strong>Teil</strong>zeit-Modell Ausdruck<br />
einer unterschiedlichen Identifikation mit <strong>der</strong> Arbeit <strong>und</strong> dem Betrieb sein<br />
könnte: „Diejenigen, die sich für das Blockzeit-Modell entscheiden, bilanzieren die<br />
Zufriedenheit mit ihrer Arbeit <strong>und</strong> dem Betrieb häufiger ungünstig als diejenigen, die<br />
den gleitenden Übergang favorisieren. „Blocker“ identifizieren sich wahrscheinlich<br />
seltener mit ihrer Arbeit <strong>und</strong> mit dem Betrieb als es die „Kontinuierlichen“ tun.“<br />
Wie<strong>der</strong>besetzung als Regelfall<br />
Das Unternehmen hat es verstanden, mit <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong> seiner<br />
beschäftigungspolitischen Verantwortung nachzukommen <strong>und</strong> gleichzeitig durch<br />
Nutzung <strong>der</strong> Zuschüsse des Arbeitsamtes eine kostenneutrale Umsetzung <strong>der</strong> <strong>Altersteilzeit</strong><br />
zu erreichen.<br />
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