DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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10. Anhang<br />
10.1. Abstract<br />
Die vorliegende Arbeit geht den katholischen Aspekten in der autobiographischen Pentalogie<br />
Thomas Bernhards nach. Forschung und Öffentlichkeit konzentrieren sich dabei meist nur auf<br />
deren ersten Band, Die Ursache. Eine Andeutung. Zweifelsohne bietet dieser das<br />
provokanteste und aussagekräftigste Material in Bezug auf die katholische Kirche und ihre<br />
Strukturen. Dennoch wird dabei nicht beachtet, dass das autobiographische Werk auch andere<br />
Facetten, eine andere Auseinandersetzung mit dem Katholizismus kennt und die<br />
autobiographischen Erzählungen damit in Summe eine ausgesprochene Vielschichtigkeit<br />
aufweisen. Ebenso weist auch Bernhards gesamtes Werk unterschiedliche Schattierungen und<br />
scharfe Kontraste auf: Die Stimmung der frühen Gedichtbände und die religiöse Haltung des<br />
lyrischen Ichs stehen in diesem Sinne vollkommen konträr zu dem Bild der katholischen<br />
Kirche, welches sich in den bekannten Werken der Spätphase offenbart und von den<br />
verschiedenen Protagonisten der Dramen und Romane in umfassenden Schimpftiraden<br />
artikuliert wird.<br />
Die Kindheits- und Jugenderinnerungen wurden in der Forschung bis dato noch nicht<br />
intensiver auf katholische Elemente und Motive hin untersucht. Dass Thomas Bernhards<br />
Autobiographie dennoch einen interessanten Forschungsgegenstand <strong>für</strong> theologisch motivierte<br />
Fragestellungen bereitstellt, soll diese Arbeit demonstrieren. Die offensive Kritik an der<br />
katholischen Kirche, an ihrer manipulativen Vorgangsweise, ihrer politischen Rolle, ihrem<br />
Streben nach Macht und der Entmündigung der Gläubigen, stellt dabei nur einen Teil der<br />
Thematisierung des Katholizismus dar. Daneben sollen die zahlreichen Berührungspunkte mit<br />
der kirchlichen Praxis herausgearbeitet werden, die Begegnung mit kirchlichem Personal, die<br />
Wahrnehmung von geistlichen Handlungen wie etwa Liturgie oder Krankensalbung. Eine<br />
Analyse der sprachlichen Ebene soll das Katholizismus-Bild der Autobiographie<br />
vervollständigen. Hier sind subtile katholische Anklänge sowohl in intertextuellen<br />
Bibelzitaten als auch im generellen Erzählduktus festzustellen.<br />
Dabei soll an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass der<br />
Textinterpretation eine literaturwissenschaftliche Methode zugrunde liegt – diese Arbeit ist<br />
nicht der Theologie, sondern der Literaturwissenschaft verpflichtet. Eine literaturtheologische<br />
Analyse soll nur dort erfolgen, wo der Text dies auch zulässt und entsprechendes Potenzial<br />
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