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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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5.2. Prozession<br />

Religionswissenschaftlich wird unter einer Prozession ein Umzug (lat. processio = das<br />

Vorwärtsschreiten 186 oder auch lat. procedere = „vorrücken“ 187 ) in liturgischem Kontext<br />

verstanden 188 , die „rituelle, geordnete u. zielgerichtete lineare Bewegung einer Gruppe v.<br />

Gläubigen in gemäßigtem Tempo“ 189 . Anlass <strong>für</strong> einen solchen Umzug können Beerdigungen<br />

ebenso wie Wallfahrten sein, als Fixpunkte im Kirchenjahr sind u.a. Palmsonntags- und<br />

Fronleichnamsprozession zu nennen. Der Ritus wurde bereits in frühchristlicher Zeit<br />

entwickelt und richtet sich heute nach den Festschreibungen des Rituale Romanum 190 , wobei<br />

das Prozessieren bereits in Kulten der Urzeit belegt ist 191 und somit außerhalb des katholisch-<br />

christlichen Bereichs schon sehr viel früher verwurzelt war, nicht also erst durch Christen<br />

hervorgebracht wurde. In der Gegenwart gelten Prozessionen außerhalb des Kirchenraums als<br />

spezifisch katholische Tradition – die evangelische Kirche kennt beispielsweise nur Einzüge<br />

in die Kirche hinein. 192<br />

Insgesamt drei Mal führt Bernhard den katholischen Ritus der Prozession in seiner<br />

Autobiographie an. Ich möchte mich in diesem Kapitel jedoch nur mit zwei dieser drei<br />

Schilderungen genauer beschäftigen, da die dritte Erwähnung – ein kurzer Verweis auf die<br />

Leichenprozessionen in Seekirchen (Ki 86) – in ihrer Art ausgesprochen neutral und deshalb<br />

im Vergleich zu den beiden anderen Beschreibungen nicht weiter von Belang ist. Gemeinsam<br />

ist diesen beiden anderen Darstellungen lediglich, dass sie innerhalb eines einzigen Satzes<br />

abgehandelt werden und mit Fronleichnam in Verbindung stehen. Ansonsten unterscheidet sie<br />

ihr gänzlich konträrer Charakter und die verschiedenartige Grundstimmung, die trotz der<br />

knappen Beschreibung offensichtlich wird und im Folgenden aufgezeigt werden soll.<br />

Obwohl publikationsgeschichtlich später erschienen, möchte ich zuerst die Passage in Ein<br />

Kind anführen. Im Zuge der positiven Erinnerungen an die erste Volksschulklasse stellt sich<br />

der Erzähler als eine Art Anführer dar, der nicht nur bei Ausflügen, sondern auch beim Eintritt<br />

in die Kirche der Erste ist (Ki 92), und bei „der Fronleichnamsprozession war ich allein<br />

186 Kasper, Walter (Hg.): Lexikon <strong>für</strong> Theologie und Kirche. Bd. 8. Begr. v. Michael Buchberger. 3., völlig neu<br />

bearbeitete Auflage. Freiburg, Basel u.a.: Herder 1999, Sp. 678.<br />

187 Biser, Eugen und Ferdinand Hahn u.a. (Hg.): Lexikon des christlichen Glaubens, S. 391.<br />

188 Vgl. Braun, Joseph: Liturgisches Handlexikon. München: Mäander 1993, S. 282.<br />

189 Kasper, Walter: Lexikon <strong>für</strong> Theologie und Kirche. Bd. 8, Sp 678.<br />

190 Braun, Joseph: Liturgisches Handlexikon, S. 282-283.<br />

191 Kasper, Walter: Lexikon <strong>für</strong> Theologie und Kirche, Bd. 8, Sp. 678.<br />

192 Vgl. Biser, Eugen: Lexikon des christlichen Glaubens, S. 391.<br />

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