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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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Deformierung einer Bibelstelle kann die nötige Wirkung und Bestürzung erzeugen, die Jandl<br />

hervorrufen wollte. 44<br />

Gleich mehrere Schlussfolgerungen lassen sich aus den hier angeführten Beispielen ziehen.<br />

Ihr unterschiedlicher Charakter ist offensichtlich – sowohl Intention als auch literarische<br />

Gestaltung sind von Text zu Text verschieden. Jede/r AutorIn lässt sich in anderer Art und<br />

Weise von religiösen Sprachmustern inspirieren und wählt eigene Verarbeitungsstrategien. So<br />

unterschiedlich diese Strategien aber auch sein mögen, gemeinsam ist ihnen doch, dass ihre<br />

AutorInnen eine tiefgehende Prägung liturgischer Sprachmuster erfahren haben, die nach so<br />

langer Zeit immer noch präsent ist und eine künstlerische Verarbeitung auf verschiedenen<br />

Ebenen provoziert. Das Erleben von Kirche und liturgischer Sprache kann in Ausmaß und<br />

Auswirkung individuell verschieden ausfallen, die Tatsache, dass Kirche hier nachhaltig<br />

gewirkt hat, steht aber außer Frage. Selbstverständlich stellen die katholische Kirche und ihre<br />

Sprachstrukturen nicht den alleinigen Einfluss auf diese AutorInnen dar. Die Liturgiesprache<br />

übernimmt dennoch einen entscheidenden Stellenwert, allein aus dem Grund, dass sie oft den<br />

ersten Einfluss darstellt. 45 Gerade durch diesen frühen Kontakt mit der Liturgiesprache konnte<br />

das Spiel, die Umformung mit Sprache erprobt werden, hier wurde der Grundstein gelegt aus<br />

dem sich ein generelles Verfahren entwickelte. In den Worten Schmidt-Denglers: „Ich meine,<br />

daß die frühen Expertisen aus der Liturgiesprache einen günstigen Humus <strong>für</strong> solche nun die<br />

ursprünglichen Erfahrungen überlagernden Einflüsse bereitete.“ 46<br />

Dies mag auch <strong>für</strong> Elfriede Jelinek zutreffen, die zwar im Aufsatz Schmidt-Denglers nicht<br />

behandelt, ebenfalls aber katholisch sozialisiert wurde und sich in ihrem Werk bis heute<br />

intensiv mit dem Katholizismus auseinandersetzt. Für Jelinek verkörpert die katholische<br />

Kirche Patriarchat und autoritäre Macht und trägt in ihrem Auftreten, ihrer Struktur und ihren<br />

Lehren zur Unterdrückung der Frau bei. 47 Wiederum wurde aber auch hier die sprachliche<br />

Ebene „infiziert“, Stoffe und Motive verarbeitet und zu einem komplexen Konglomerat<br />

verdichtet.<br />

44 Vgl. Schmidt-Dengler, Wendelin: Das Gebet in die Sprache nehmen, S. 56-57.<br />

45 Vgl. ebd., S. 58.<br />

46 Ebd.<br />

47 Janke, Pia: Einleitung, S. 9.<br />

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