DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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diesseitiges Wirken und Schaffen, ihr Auftreten, ihr Umgang mit den Gläubigen, ihre<br />
Personifikation durch Geistliche sind Gegenstand der Kritik. Wenngleich auch auf<br />
sprachlicher Ebene Erkenntnisse gezogen werden konnten, so ist die konkrete Thematisierung<br />
von katholischen Motiven doch primär auf der thematischen Ebene vorhanden und erhält hier<br />
oft eine dezidiert (gesellschafts-)politische Komponente. Dabei ist ebenfalls anzumerken, dass<br />
sowohl die autobiographischen Erzählungen als auch das gesamte literarische Werk keine<br />
allumfassende Kritik an der Amtskirche aufweist. Bernhard greift nur einzelne Punkte auf und<br />
arbeitet sich an diesen dann unermüdlich ab. So wird beispielsweise die katholische Ehe- und<br />
Sexualmoral gänzlich ausgespart, während die manipulative Vorgehensweise der Kirche<br />
gegenüber den Gläubigen ständig wiederkehrendes Thema ist.<br />
Theologischen Gehalt auf sprachlicher Ebene bilden die litaneihaften Sprachgebärden<br />
Thomas Bernhards, das gebetsmühlenartige Wiederholen und Variieren eines Gedankens oder<br />
einer Aussage. Das Prinzip und die Wirkung der katholischen Litanei wird hier in den<br />
literarischen Text transponiert und dient der eindringlichen Vermittlung des Standpunkts des<br />
Autors. Eine katholische Gebetsform liegt demnach diesem „Markenzeichen“ Thomas<br />
Bernhards zugrunde.<br />
Schon ein Stück weit weniger plastisch gestaltet sich der Vergleich der autobiographischen<br />
Erzählweise mit einer Passionsgeschichte. Es darf bezweifelt werden, dass Thomas Bernhard<br />
seine Autobiographie tatsächlich an die christliche Leidensgeschichte Jesu angelehnt hat. Eine<br />
explizite und bewusste Komposition des Textes in diese Richtung ist jedenfalls m.E.<br />
auszuschließen. Selbstverständlich agiert hier ein leidendes Ich, dessen Leben durch<br />
katastrophale Schicksalsschläge aus den Fugen geworfen wird, schlussendlich aber doch zu<br />
seiner Bestimmung und – wenn man so will – Erlösung findet. Konkrete Parallelen zwischen<br />
der biblischen und der Bernhardschen Passion erweisen sich jedoch bei genauerem Betrachten<br />
als instabil und halten einer nüchternen Überprüfung mit dem Text häufig nicht stand. Eine<br />
Auswahl derartiger Interpretationsweisen und religiöser Vereinnahmungen bestimmter<br />
Textpassagen oder gar des gesamten Textes wurde in Kapitel 4.1. vermittelt.<br />
In der Autobiographie von geringerem Ausmaß, doch gleichsam stichhaltiger, gestalten sich<br />
die intertextuellen Anspielungen auf die Bibel. Nicht Zitate werden vom Erzähler<br />
übernommen, vielmehr sind es subtile Sprachspielereien und Verfremdungen, die womöglich<br />
nur der/m bibelfesten LeserIn ins Auge fallen – die formale Adaption alttestamentarischer<br />
Gesetzestexte etwa oder die Veränderung einer Aussage aus dem Matthäusevangelium,<br />
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