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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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Folge katholisch geführten Internats, namentlich aus dem SA-Mann Grünkranz, dem<br />

katholischen Onkel Franz und dem Präfekten. Parallelen im Führungsstil, den<br />

Erziehungsmethoden und der Persönlichkeit der Machthaber sind auch hier auszumachen, die<br />

Figuren der einen wie der anderen Ära sind auch hier austauschbar. Die bis jetzt verwendete<br />

Ausgabe der Ursache reicht <strong>für</strong> dieses Kapitel jedoch nicht mehr aus, da entscheidende<br />

Passagen durch die von Franz Wesenauer eingereichte Ehrenbeleidigungsklage und den im<br />

Mai 1977 erfolgten Vergleich 266 zensiert wurden. Gerade diese weggestrichenen Passagen sind<br />

jedoch nun von Belang, weshalb ich auf die Originalfassung aus dem Jahr 1975 zurückgreife.<br />

Nur hier wird beispielsweise die „Parallelsetzung zwischen dem SA-Mann Grünkranz […]<br />

mit dem Präfekten“ 267 ersichtlich. Auch ist die von Bernhard entworfene „Doppelparallelität<br />

zwischen den ErzieherInnen während und nach der NS-Zeit“ 268 durch die Streichungen nicht<br />

mehr in ihrem vollen Ausmaß ersichtlich. Diese Doppelparallelität soll deshalb anhand des<br />

folgenden Zitats deutlich gemacht werden:<br />

„im katholischen Internat, hatte es wieder […] in dem mit Papierkrägen ausgestatteten<br />

Präfekten, einen Grünkranz gegeben, wie der Grünkranz der sogenannten Naziära schon<br />

der Präfekt gewesen war, und der Onkel Franz hatte die Fürsorgerolle der Frau<br />

Grünkranz übernommen […].“ (Ur* 105)<br />

Der Erzähler stellt hier ein Beziehungsgeflecht zwischen Vertretern des<br />

nationalsozialistischen und des katholischen Regimes auf. Dabei wird der<br />

nationalsozialistische Grünkranz mit dem Präfekten in Verbindung gebracht, während<br />

Nachgiebigkeit und Gutmütigkeit als gemeinsame Eigenschaften der Frau Grünkranz und des<br />

sogenannten Onkel Franz markiert werden. In beiden Führungsspitzen gibt es somit einen<br />

aktiven Machtausübenden (Grünkranz und Präfekt) und einen passiven Unterstützer bzw. eine<br />

passive Unterstützerin, einmal durch die Frau Grünkranz, im Anschluss durch den Onkel<br />

Franz repräsentiert. Die zensierte Version unterschlägt die Gegenüberstellung des Onkel Franz<br />

mit der Frau Grünkranz (hier wurde der später gestrichene Satz fett hervorgehoben) – gerade<br />

dadurch wird das Verhältnis von Nationalsozialismus und Katholizismus aber wesentlich<br />

differenzierter ausgeführt. Denn jene im Hintergrund agierenden Figuren bilden einen<br />

wesentlichen Teil der Machterhaltung, obgleich sie als unscheinbare und harmlose Figuren<br />

erscheinen. 269 Wurde der Onkel Franz also durchwegs als „ein sehr lieber Mensch“ (Ur* 105)<br />

266 Vgl. Mittermayer, Manfred und Sabine Veits-Falk (Hg.): Thomas Bernhard und Salzburg. 22 Annäherungen.<br />

Salzburg: Jung und Jung 2001. (Monographische Reihe zur Salzburger Kunst 21), S. 210.<br />

267 Mautner, Josef: Nichts Endgültiges, S. 118.<br />

268 Ebd., S. 119.<br />

269 Vgl. ebd.<br />

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