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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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Station die Beerdigung auf dem Friedhof vollzogen wird. Dieser Verlauf einer Bestattung und<br />

die genannten Stationen lassen sich in gleicher Weise im Rituale Romanum nachlesen. 217<br />

Wenn Ernst Leonardy allgemein feststellt, dass bei Bernhard „jeder transzendente Bezug im<br />

Tode ungewiß geworden“ 218 ist, so trifft dies auch <strong>für</strong> die Autobiographie zu. Schilderungen<br />

im Kontext von Tod und Begräbnis verwehren sich jeglichen Kommentars hinsichtlich eines<br />

Lebens im Jenseits, eines Hinweises auf Transzendenz. Beschrieben wird lediglich der<br />

Prozess vom Sterben bis zur Beerdigung, der Tod wird an einer Stelle auch beiläufig als „das<br />

Endgültige, das Ende“ (Kä 106) bezeichnet.<br />

Wurde zu Beginn des Kapitels bereits festgestellt, dass die sonntägliche Liturgie dem<br />

Erzähler-Ich zwar imponierte, dies aber vornehmlich auf eine negative Art und Weise tat, so<br />

sagten die Begräbnisfeiern dem Kind wesentlich mehr zu. Auch wenn sich das Erzähler-Ich<br />

„vor dem gestanzten Silberblech auf den schwarzen Särgen, das den gekreuzigten Christus<br />

darstellen sollte, ekelte“ (Ki 86), so bekennt es dennoch:<br />

Am liebsten hatte ich die von mir so genannten Schwarzen Messen, die Leichenmessen, in<br />

welchen die absolut vorherrschende Farbe Schwarz war, hier hatte ich die<br />

schauererzeugende Tragödie zum Unterschied von dem normalen sonntäglichen Schauspiel<br />

mit seinem versöhnlichen Ausgang. Die gedämpften Stimmen liebte ich, das der Tragödie<br />

angemessene Schreiten. (Ki 85)<br />

Berichtet der Erzähler in Die Ursache von seiner Vorliebe <strong>für</strong> den Salzburger<br />

Sebastiansfriedhof, welcher „der unheimlichste und dadurch faszinierendste gewesen“ (Ur 48)<br />

ist, dann ist dabei das Wort „dadurch“ von entscheidender Relevanz, denn gerade weil es<br />

unheimlich ist, ist es auch faszinierend. Genau dieser Umstand ist auch in der Schilderung der<br />

Totenmesse erkennbar: Schauder und Rausch vermischen sich zu einem anregenden Gefühl.<br />

Das Geschehen wird zwar erneut als Schauspiel, als „Tragödie“ markiert, das dabei<br />

empfundene Gruseln übt aber weitaus mehr Reiz aus als die herkömmliche Sonntagsmesse –<br />

„Totenmessen hatte ich aber auf alle Fälle lieber als normale.“ (Ki 87) Dieser Reiz ist also<br />

nicht primär auf das dem Begräbnis folgende Würstelsuppenessen zurückzuführen – den<br />

„Höhepunkt eines jeden Begräbnisses“ (Ki 87) –, sondern bezieht sich auf das Bedürfnis, ein<br />

217 Vgl. Lieger, Paulus: Das Römische Rituale. Nach der typischen Vatikanischen Ausgabe des Rituale<br />

Romanum auf Anregung und unter Mitwirkung des <strong>Wien</strong>er Liturgischen Priesterkreises. Übersetzt von<br />

Paulus Lieger. Klosterneuburg: Volksliturgisches Apostolat 1936, S. 137-156.<br />

218 Leonardy, Ernst: Totenrituale, S. 196.<br />

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