DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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1.3. Aufbau der Arbeit<br />
Der Einstieg erfolgt durch einen kurzen Abriss über die Thematisierung des Katholizismus in<br />
der österreichischen Literatur nach 1945. Es erscheint mir wichtig, hier auch einige<br />
literarische Beispiele anzuführen, um Verfahrensweisen und Tendenzen anschaulich zu<br />
machen. Thomas Bernhards Auseinandersetzung mit dem Katholizismus kann damit<br />
literaturwissenschaftlich eingeordnet und besser verstanden werden. Es ist ebenfalls<br />
notwendig, auf die Gattung Autobiographie näher einzugehen. Denn dies ist eine Gattung, die<br />
seit ihrem Entstehen permanentes Diskussionspotenzial hervorruft und Fragen um<br />
Authentizität, Stilisierung und Wahrheitsgehalt provoziert. Derartigen Fragestellungen<br />
unterliegen auch Thomas Bernhards autobiographische Erzählungen. Da sie die<br />
Textgrundlage dieser Arbeit bilden, müssen zunächst ihr Verständnis und ihre Handhabung<br />
geklärt werden. Hier wird eine grundlegende Entscheidung getroffen, die die weitere<br />
Textinterpretation bestimmen wird.<br />
Diese ist durch drei zentrale Schwerpunkte gekennzeichnet: der Sprachebene, der Darstellung<br />
spezifisch katholischer Handlungen und des Machtkomplexes Katholizismus. Damit wird ein<br />
Bogen von einer eher subtiler angelegten Verarbeitung und Aufnahme katholischer Elemente<br />
in den Text bis hin zur offensiven Darstellung und Kritik am System Kirche gespannt und der<br />
zuvor angesprochene Variantenreichtum herausgestellt.<br />
Allein in der sprachlichen Gestaltung der autobiographischen Erzählungen lassen sich<br />
unterschiedliche Aspekte ausmachen. Der allgemeine Duktus, in dem der Erzähler seine<br />
Lebensgeschichte wiedergibt, wird von verschiedenen Literaturwissenschaftlern unabhängig<br />
voneinander als religiös charakterisiert. Auch lassen sich, zwar nicht häufig, aber dennoch<br />
vorhanden, intertextuelle Anspielungen auf die Bibel feststellen. Schließlich soll auch den<br />
religiösen Termini nachgeforscht werden und ihre Verwendung bei Bernhard mit ihrer<br />
eigentlichen theologischen Bedeutung verglichen werden.<br />
Auf die thematische Ebene begibt sich Kapitel 5. Die in den Erzählungen angeführten<br />
Erlebnisse mit der Kirchenpraxis und die Begegnungen mit kirchlichem Personal sollen einer<br />
genaueren Analyse unterzogen werden – welche Berührungspunkte gab es, wie werden sie<br />
dargestellt, welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus?<br />
Daran anschließend werden die in den Erzählungen formulierten Feststellungen, Kommentare<br />
und Beschreibungen bezüglich des Machtpotenzials der katholischen Kirche dargelegt. Macht<br />
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