DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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gesund zu machen 197 , zeigt auch eine Stelle im Jakobusbrief, „daß dieser Heilsdienst bereits<br />
institutionalisiert war“ 198 :<br />
Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich: Sie sollen <strong>für</strong><br />
ihn beten und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. Das gläubige Gebet wird den<br />
Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden<br />
sie ihm vergeben. 199<br />
Eindeutig wird hier der Kranke und nicht der Sterbende bezeichnet, die Ältesten bemühen<br />
sich um eine Erlösung von der Krankheit und um ein Abwehren des Todes. Der Zusatz über<br />
die Vergebung von Sünden ist nicht die primäre Intention der Krankensalbung, sondern<br />
lediglich als „Nebenwirkung“ zu verstehen, da „Krankheit und Sünde […] auch nicht in<br />
einem notwendigen Zusammenhang miteinander [stehen]“. 200 Die Aussage des Jakobusbriefes<br />
ist grundlegend <strong>für</strong> ein korrektes Verständnis des Sakraments, vor allem in Anbetracht einer<br />
über mehrere Jahrhunderte andauernden gegensätzlichen Auslegung der Krankensalbung.<br />
Wird heute also das Sakrament der Krankensalbung gespendet, dann ist dies als „sinngemäße<br />
Weiterführung des Auftrags Jesu an seine Jünger“ zu verstehen, als „Fortsetzung des<br />
biblischen Krankendienstes Jesu und seiner Apostel“. Krankensalbung ist keineswegs als<br />
„Sakrament der Todesweihe und als eine Art amtlicher Besiegelung des bevorstehenden<br />
Todeseintritts“ zu verstehen. Vielmehr soll der Kranke durch die Ölsalbung sowohl körperlich<br />
als auch seelisch gestärkt und aufgerichtet werden. Die Krankensalbung versteht sich als<br />
„Sakrament der Hilfe und Heilung“. 201<br />
Es erscheint mir wichtig, jenes Sinnverständnis der Krankensalbung am Beginn dieses<br />
Kapitels anzuführen, da sich – wie bereits kurz angedeutet – schon sehr bald, etwa seit dem<br />
frühen Mittelalter, eine andere Auslegung und Praktizierung dieses Sakraments etablierte.<br />
Dem Glauben folgend, dass die Krankensalbung erst nach vorangegangener Buße gespendet<br />
werden sollte, rückten beide Sakramente in das unmittelbare Umfeld des Todes, da der<br />
Sterbende damit die eventuelle Auferlegung von Bußwerken umgehen konnte. Ihrer<br />
eigentlichen Intention entgegengesetzt, wurde die Krankensalbung also zur damaligen Zeit<br />
197 Vgl. Mk 6,13.<br />
198 Adam, Adolf: Grundriss Liturgie. Freiburg im Breisgau: Herder 1985, S. 179.<br />
199 Jak 5,14-15.<br />
200 Vgl. Kaczynski, Reiner: Feier der Krankensalbung. In: Meßner, Reinhard und Reiner Kaczynski:<br />
Sakramentliche Feiern I/2. Regensburg: Friedrich Pustet 1992. (Gottesdienst der Kirche. Handbuch der<br />
Liturgiewissenschaft 7,2), S. 241-343, S. 254-256.<br />
201 Vgl. Adam, Adolf: Grundriss Liturgie, S. 180.<br />
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