DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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Konzil, 1962-1965, überdacht, aufgebrochen und schlussendlich reformiert wurde. 159 Erst<br />
diese Reformierung ermöglichte den Einzug der Muttersprache in die katholische Liturgie und<br />
damit einhergehend die Möglichkeit, dem Wortgeschehen überhaupt folgen zu können. 160<br />
Zuvor beherrschte das Lateinische den Gottesdienst der westlichen Kirche, das Konzil von<br />
Trient (1545-1563) setzte Latein als „verbindliche[] Liturgiesprache“ 161 fest, lediglich bei<br />
Predigt und Katechese wurde auf die jeweilige Volkssprache zurückgegriffen. 162 Abgesehen<br />
von dieser sprachlichen Reformierung verhalf das Zweite Vatikanum den Laien generell zu<br />
einer Aufwertung ihrer Position, zu mehr Partizipation und Aufmerksamkeit und zu einer<br />
Öffnung des Gottesdienstes auf verschiedenen Ebenen. 163<br />
In der Bernhardschen Messbeschreibung herrschen noch andere Grundsätze und ein altes<br />
Liturgieverständnis vor: Das Lateinische dominiert das Wortgeschehen und wird offenbar<br />
einzig durch die „Verfluchungen von der Kanzel“, also der Predigt, die auf Deutsch erfolgte,<br />
durchbrochen. Gerade hier ist das Verstehen jedoch verheerend und erzeugt zusätzlich Angst.<br />
Die Schilderung des ersten Kirchenbesuchs ist <strong>für</strong> die vorkonziliare Zeit kennzeichnend, vor<br />
allem die damals herrschende strenge Hierarchie wird in dem ersten Zitat (Ki 84-85) deutlich.<br />
Als „eigentliche Träger der Liturgie“ 164 standen die Priester an der Spitze, während die<br />
Gläubigen in die Rolle der stummen und passiven Zuschauer zurückgedrängt waren – eine<br />
klare Trennung zwischen Priester und Gemeinde, die nach dem 2. Vatikanum in ein<br />
Miteinander zusammenfließt. In dem erinnernden Bericht beherrscht der Pfarrer das<br />
Geschehen, seine Erhabenheit wird über den Auftritt auf der Kanzel, dem Erheben über die<br />
Gemeinde, ersichtlich und zusätzlich durch die einschüchternden Worte der Predigt verstärkt.<br />
Ich komme auf den weiteren zentralen Aspekt der Beschreibung des ersten Kirchenbesuchs<br />
zurück, der Gleichsetzung von Messe und Theater – „Mein erster Theaterbesuch war mein<br />
erster Kirchenbesuch“ (Ki 85). Kirche wird als Schauspiel empfunden, „ein oberflächliches,<br />
159 Vgl. Fischer, Balthasar und Andreas Heinz: Gottesdienst im römisch-katholischen Kontext. In: Schmidt-<br />
Laube, Hans-Christoph und Michael Meyer-Blanck u.a. (Hg.): Handbuch der Liturgik. Liturgiewissenschaft<br />
in Theologie und Praxis der Kirche. 3. vollständig neu bearb. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht<br />
2003, S. 140-150, S. 140.<br />
160 Vgl. ebd., S. 141.<br />
161 Berger, Teresa: Die Sprache der Liturgie. In: Schmidt-Laube, Hans-Christoph und Michael Meyer-Blanck<br />
u.a. (Hg.): Handbuch der Liturgik, S. 798-806, S. 800.<br />
162 Vgl. ebd, S. 799.<br />
163 Vgl. ebd. S. 141.<br />
164 Lengeling, Emil Joseph: Die Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie.<br />
Lateinisch-deutscher Text. Mit einem Kommentar von Emil Joseph Lengeling. Münster: Regensburg 1965.<br />
(Lebendiger Gottesdienst 5/6), S. 82.<br />
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