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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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vor allem bei Bernhard. 70 Die einzelnen Elemente der Handlung sind nicht als<br />

dokumentarisches Zeugnis zu verstehen und – auch dies eine „poetologische<br />

Binsenwahrheit“ 71 – auch das Erzähler-Ich des Romans darf nicht als kongruent mit dem<br />

dahinter stehenden Autor angenommen werden, „[e]s ist längst bemerkt worden, dass das<br />

Bild, das der Erzähler in Bernhards Autobiographie von sich selbst zeichnet, in wesentlichen<br />

Zügen stilisiert ist.“ 72 Das Ich in der Autobiographie ist demnach als „fiktive Figur“ 73 zu<br />

verstehen. Insofern wird im Folgenden <strong>für</strong> das Ich im Text auch immer die Bezeichnung<br />

„autobiographisches Ich“ oder „Erzähler-Ich“ verwendet.<br />

Es erscheint nach diesen Anführungen nur logisch, dass ich auch darauf verzichten werden,<br />

Thomas Bernhards tatsächliche Biographie nach katholischen Einflüssen und Prägungen zu<br />

durchforsten und in dieser Arbeit darzulegen. Sehr wohl ließe sich hier eine Vielzahl von<br />

Berührungspunkten mit der katholischen Kirche auffinden, und wie bereits erwähnt ist die<br />

Versuchung gegeben, jene Erlebnisse als Schablone <strong>für</strong> die autobiographischen Erzählungen<br />

zu verwenden, in der realen Lebensgeschichte eine Interpretationshilfe zu sehen. Indem hier<br />

aber bereits die Wiedergabe einer Kurzvita, inklusive spezifisch katholischer Aspekte,<br />

verweigert wird, soll deutlich gemacht werden, dass ausschließlich der Text als solcher im<br />

Mittelpunkt steht, der quasi als „fiktionale[r] Text“ 74 gehandhabt wird. Keine Referenzen auf<br />

den Autor Thomas Bernhard, keine Fragen nach Wahrheit oder Lüge, einzig die Geschichte,<br />

wie sie in den fünf Bänden erzählt wird, ist Gegenstand des Interesses und soll nach<br />

katholischen Motiven durchstudiert werden.<br />

Zum Abschluss dieses Kapitels bleibt noch die Frage nach der korrekten Bezeichnung <strong>für</strong> die<br />

hier zu verhandelnde Primärliteratur. Literaturwissenschaftler bedienen sich dabei<br />

unterschiedlicher Begriffe: „autobiographische Erzählungen“ 75 , „autobiographisches<br />

70 Vgl. Mittermayer, Manfred: „Der Wahrheitsgehalt der Lüge“. Thomas Bernhards autobiographische<br />

Inszenierungen. In: Fetz, Bernhard und Hannes Schweiger (Hg.): Spiegel und Maske. Konstruktionen<br />

biographischer Wahrheit. Regensburg: Zsolnay 2006. (Profile 13), S. 79-94, S. 81.<br />

71 Müller, Joachim: Ambivalente Existenz. Die epische Trilogie des österreichischen Dichters Thomas<br />

Bernhard. In: Vierteljahresschrift des Adalbert Stifter <strong>Institut</strong>s 28 (1979) H 1-2, S. 51-61, S. 51.<br />

72 Mittermayer, Manfred: „Der Wahrheitsgehalt der Lüge“, S. 79.<br />

73 Müller, Joachim: Ambivalente Existenz, S. 51.<br />

74 Mautner, Josef: Nichts Endgültiges, S. 92.<br />

75 U.a. Mittermayer, Manfred: „... ich hatte immer nur ich werden wollen“. Thomas Bernhards<br />

autobiographische Erzählungen. In: Mittermayer, Manfred und Sabine Veits-Falk (Hg.): Thomas Bernhard<br />

und Salzburg. 22 Annäherungen. Salzburg: Jung und Jung 2001. (Monographische Reihe zur Salzburger<br />

Kunst 21), S. 13-30, S. 14.<br />

21

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