DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien
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personifiziert wird. „Letzte Ölung“ und der Krankenhausgeistliche rücken durch diese<br />
Schilderung noch einmal mehr in negatives Licht.<br />
So stumpfsinnig und geistlos das Ritual der Krankensalbung auch dargestellt wird, vor allem<br />
das Bild des „sich festbetenden“ Geistlichen und der aufoktroyierten „Letzten Ölung“ zeigt<br />
doch, dass hier ein rabiater Machtanspruch seitens der Kirche markiert wird, bei dem<br />
schwache und wehrlose Menschen bevormundet und gnadenlos einverleibt werden. Wie<br />
Barbara Vitovec anführt und wie durch die vorangegangenen Textbeispiele bestätigt wird, fußt<br />
die Salbung nicht auf einem inneren Bedürfnis der Patienten, sondern wird unaufgefordert<br />
vollzogen, sodass dabei nicht eine heilbringende, spirituelle Wirkung, sondern erneut „der<br />
Machtanspruch der menschlich geprägten <strong>Institut</strong>ion Kirche“ entfaltet wird, der vom<br />
Lebensanfang bis zum Tod aufrechterhalten werden soll. 207<br />
5.3.2. Geistliche Schwestern<br />
Obgleich auch die geistlichen Schwestern aus katholischem Umfeld stammen, ihre Arbeit also<br />
einer christlichen Berufung folgt, Ausdruck ihres Glaubens ist bzw. sein sollte, so wird ihnen<br />
eine fromme oder zumindest soziale Gesinnung vom Erzähler-Ich erneut abgesprochen. Ihre<br />
Arbeit verrichten die Schwestern im Landeskrankenhaus teilnahmslos und mechanisch,<br />
Aufopferung und Passion entfallen vollständig – hier agieren „exakt funktionierende<br />
Krankenversorgungsmaschinen im Vinzentinerinnenkittel“ (At 52). Dieser Umstand drückt<br />
sich bereits in der äußeren Erscheinung aus: „Ihre Gesichter waren so abgehärtet wie ihre<br />
Hände, und es war in ihnen kein, nicht das geringste Gefühl mehr zu entdecken gewesen.“ (At<br />
52) Diese Gefühlskälte, die sich durch die langjährige Stationierung im Krankenhaus gebildet<br />
und die Schwestern unzugänglich <strong>für</strong> jegliche Empathie mit den Patienten gemacht habe (At<br />
52), zeigt auf, dass die Schwestern ihre eigentliche Berufung hier weit verfehlen und sich den<br />
zwielichtigen Machenschaften und der gedankenlosen Geschäftemacherei der katholischen<br />
Kirche schon längst angeschlossen haben:<br />
Sie konnten überhaupt keine Seelenbeziehung mehr haben, weil sie das, was sie<br />
ununterbrochen als ihre wichtigste Aufgabe anzuschauen hatten, die Rettung der Seele, in<br />
207 Vgl. Vitovec, Barbara: „Simili modo“, S. 64-65.<br />
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