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DIPLOMARBEIT - Institut für Germanistik - Universität Wien

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zumindest folgendermaßen: „[I]ch habe ziemlich lange selbst als Journalist mitgearbeitet, als<br />

Kulturredakteur einer Wochenzeitschrift, mein Salzburger Mann war Thomas Bernhard<br />

[…].“ 238<br />

Ein Blick in die österreichische Geschichte macht deutlich, dass der Auftakt zur „katholisch-<br />

nazistische[n] Umwelt“ (Ki 23) bereits in Frühzeiten markiert wurde, denn zumindest das<br />

katholische Element dominiert seit Jahrhunderten das österreichische Wesen – „Österreich<br />

war unbestreitbar ein katholischer Staat“ 239 ; bei Bernhard äußert sich dieser Sachverhalt in<br />

analoger Weise: „[D]er ganze österreichische Staat hat sich ja auch immer katholischer Staat<br />

genannt“ (Ur 103). Geistliche und weltliche Herrschaft waren lange Zeit untrennbar<br />

miteinander verbunden und profitierten von ihrem jeweiligen Gegenüber. Vor allem das Haus<br />

Habsburg war dabei eng mit dem Katholizismus verknüpft. So wie sich die Nähe des<br />

Herrscherhauses zur katholischen Kirche nicht ausschließlich auf Frömmigkeit gründete, so<br />

war auch die Kirche nicht allein in religiösem Sinne aktiv. Sie war ein dezidiert politischer<br />

Faktor. Die Nähe von Staat und Kirche manifestiert sich zu einem spezifisch österreichischen<br />

Phänomen, das auf „die ausländischen Beobachter […] immer wieder frappierend“ 240 gewirkt<br />

hat. Ernst Hanisch attestiert dem österreichischen Menschen eine permanent vorhandene Nähe<br />

zur katholischen Kirche, die österreichische Ideologie sei mit der katholischen Kirche<br />

untrennbar verbunden. 241<br />

Mit dem Niedergang der Habsburgermonarchie verlor die katholische Kirche ihren<br />

wichtigsten Förderer und Schutzherrn, den sie in der Ersten Republik in der Christlichsozialen<br />

Partei suchte und auch fand. 242 Das Phänomen des „politischen Katholizismus“ 243 findet in<br />

dieser Hinwendung ihre Fortsetzung, die katholische Kirche war „in der Ersten Republik<br />

tatsächlich ein politischer Machtfaktor ersten Ranges“ 244 . Ihre Vormachtstellung musste sie<br />

jedoch mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus einbüßen, ab 1938 befand sich die<br />

Kirche in einer zwiespältigen Position, grob gesprochen ein Drahtseilakt zwischen<br />

238 Heer, Friedrich: Das Vermächtnis. Supplement zu <strong>Wien</strong>er. Zeitschrift <strong>für</strong> Zeitgeist, 30.9.1983, S. 1-16, S. 10.<br />

239 Hanisch, Ernst: Österreichische Geschichte 1890-1990. Der lange Schatten des Staates. Österreichische<br />

Gesellschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert. <strong>Wien</strong>: Ueberreuter 1994, S. 214.<br />

240 Vgl. ebd., S. 215.<br />

241 Vgl. ebd., S. 161.<br />

242 Vgl. Weinzierl, Erika: Kirche und Politik. In: Weinzierl, Erika und Kurt Skalnik (Hg.): Österreich 1918-<br />

1938. Geschichte der ersten Republik. Bd. 1. Graz, <strong>Wien</strong> u.a.: Styria 1983. S. 437-496, S. 437.<br />

243 Siehe Hanisch, Ernst: Die Ideologie des Politischen Katholizismus in Österreich 1918-1938. <strong>Wien</strong>, Salzburg:<br />

Geyer 1977. (Veröffentlichungen des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> kirchliche Zeitgeschichte am Internationalen<br />

Forschungszentrum <strong>für</strong> Grundfragen der Wissenschaften Salzburg 5)<br />

244 Weinzierl, Erika: Kirche und Politik, S. 438.<br />

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