Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
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Restfleisch 1<br />
Hühner s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e ideale E<strong>in</strong>kommensmöglichkeit für ärmere Bevölkerungsgruppen,<br />
<strong>in</strong>sbesondere für Frauen, und e<strong>in</strong> wertvolles, preiswertes<br />
Nahrungsmittel. Ihre Aufzucht ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegraler Teil von Landwirtschaft,<br />
verursacht wenig Arbeit und wirft rasch e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommen<br />
ab. E<strong>in</strong>heimische Hühnersorten und billiges Futter bedeuten niedrige<br />
Kosten. Doch seit Mitte der 1990er Jahre verdrängt der US-amerikanische<br />
und europäische Handel mit Hühnerfl eisch, das zu Schleuderpreisen<br />
verkauft wird, <strong>in</strong> vielen Ländern Westafrikas die lokale Produktion<br />
von Hühnern und damit vielfach die E<strong>in</strong>kommensmöglichkeiten<br />
von kle<strong>in</strong>en Züchter<strong>in</strong>nen oder von Dienstleistern, die die Hühner vor<br />
Ort schlachten, rupfen und zerlegten. Dabei handelt es sich um Hühnerteile,<br />
die die Kunden <strong>in</strong> Europa oder den USA verschmähen wie<br />
Füße, Kopf oder anderes Restfl eisch, oder um ausgediente Legehennen.<br />
Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Kamerun g<strong>in</strong>gen über 100.000 Arbeitsplätze verloren. In<br />
Ghana sank der Selbstversorgungsgrad zwischen 1997 und 2006 von<br />
85% auf 5%. H<strong>in</strong>zu kommt das Gesundheitsrisiko für die Verbraucher,<br />
da die Kühlkette oftmals nicht e<strong>in</strong>gehalten wird.<br />
1<br />
Chicken <strong>in</strong> the Global Economy: Impacts on Women, Livelihoods and the Environment – A case<br />
study by the Center of Concern and Delmarva Community Alliance for IGTN, Dezember 2006; Francisco<br />
Mari/Rudolf Buntzel, Das Globale Huhn. Hühnerbrust und Chicken W<strong>in</strong>gs – Wer isst den Rest? Frankfurt<br />
2007.<br />
Die Außenhandelsliberalisierung kommt daher vor allem e<strong>in</strong>igen wenigen<br />
im Süden zugute – wenigen Ländern, großen <strong>Agrar</strong>produzenten,<br />
wenigen Branchen und e<strong>in</strong>igen Bauern. Am ehesten kann sich die<br />
<strong>Agrar</strong><strong>in</strong>dustrie diese Öffnung zunutze machen. Mit den neuen Chancen<br />
und Risiken kommen jene Produzenten am besten zurecht, die mehr<br />
Land, marktgängige Produkte, Masch<strong>in</strong>en, besseren Zugang zu Kredit<br />
und bereits mehr Erfahrung mit der Marktwirtschaft haben und die die<br />
Auswirkungen durch Kostensenkungen, etwa bei Löhnen, durch Modernisierung<br />
und Konzentration eher auffangen können. »Die Verteilung<br />
der Vorteile« der Handelsliberalisierung, so IFPRI, »wird weitgehend<br />
bestimmt durch die Verteilung des produktiven Vermögens«. 193<br />
»Das Modell der Liberalisierung der Märkte wird seit zwanzig Jahren<br />
ausprobiert und es hat versagt – wir sollten es deshalb fallen<br />
lassen! (...) Erzählt mir nicht, der Markt wird die Armen [<strong>in</strong> den<br />
193<br />
Zitiert <strong>in</strong>: Jahrbuch Welternährung. Daten Trends Perspektiven, 2000, 108.<br />
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