Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
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Umfang der Fall ist. Damit wird der Saatgutbereich <strong>in</strong> zwei Sektoren gespalten,<br />
die weitgehend unabhängig vone<strong>in</strong>ander funktionieren: e<strong>in</strong>en<br />
privatisierten, vere<strong>in</strong>heitlichten und kontrollierten formellen Sektor<br />
und e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>formellen, vielfältigen und von den Behörden nur zähneknirschend<br />
tolerierten Bauernsektor. »Staatliche, öffentliche Institutionen,<br />
die e<strong>in</strong>e Brücke bilden könnten, s<strong>in</strong>d entweder verschwunden<br />
oder ihre Aufgaben wurden privatisiert«, bedauert GRAIN, »sodass<br />
der Staat die Bauern und ihre Interessen am Zugang zu Saatgut nicht<br />
schützt, sondern tendenziell krim<strong>in</strong>alisiert«.<br />
Andererseits sehen Beobachter wie GRAIN den Ausgang des Konflikts<br />
noch längst nicht als entschieden an: »Zwar wird es nicht leicht<br />
se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> diesem fe<strong>in</strong>dlichen rechtlichen und politischen Umfeld farmer’s<br />
seed-Systeme aufzubauen und zu stärken. Aber es wird auch für die Regierungen<br />
und die Industrie nicht e<strong>in</strong>fach se<strong>in</strong>, ihre Gesetze durchzusetzen.«<br />
Die Vorschriften und Regelungen s<strong>in</strong>d so abgehoben von der<br />
Realität <strong>in</strong> den ländlichen Gebieten, dass viele Bauern und lokale Gruppen<br />
sich ihnen e<strong>in</strong>fach widersetzen werden. Das könnte dazu führen,<br />
dass sich diese Gruppen ganz vom formellen Sektor abwenden und ihre<br />
eigenen lokalen Saatgut-Systeme weiter ausbauen. »Insofern könnten<br />
die Saatgut-Gesetze die Fronten klären und e<strong>in</strong>e aufregende neue Entwicklung<br />
für Saatgutsysteme <strong>in</strong> <strong>Afrika</strong> auslösen«, hofft GRAIN.<br />
3. Die Krise als Chance<br />
In langen Reihen warten die Menschen auf die Ausgabe von Nahrungsmittelhilfe,<br />
die Frauen und Mädchen auf der e<strong>in</strong>en, die Männer auf der<br />
anderen Seite, ihre Berechtigungssche<strong>in</strong>e fest <strong>in</strong> der Hand. Es hat im<br />
äthiopischen Hochland wieder e<strong>in</strong>mal monatelang nicht geregnet, die<br />
letzte Ernte ist längst aufgebraucht. Aus den schweren Säcken mit dem<br />
dicken Aufdruck USAID werden Maisrationen für e<strong>in</strong>e Woche abgefüllt,<br />
mehr können die Notleidenden <strong>in</strong> den unwegsamen Bergregionen sowieso<br />
nicht nach Hause <strong>in</strong> ihre abgelegenen Dörfer tragen.<br />
Damit br<strong>in</strong>gen sie ungewollt e<strong>in</strong> Stück Modernisierung <strong>in</strong> ihre Welt.<br />
Denn weil sie <strong>in</strong> ihrer Verzweiflung ihr eigenes Saatgut längst aufgegessen<br />
haben, säen manche <strong>in</strong> der Hoffnung auf e<strong>in</strong>e eigene Ernte e<strong>in</strong>en<br />
Teil der Hilfslieferung aus. Damit geht die Vielfalt der e<strong>in</strong>heimischen<br />
Nutzpflanzen Schritt für Schritt, Krise für Krise e<strong>in</strong> weiteres Stück ver-<br />
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