Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
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von neuen Sorten verbreitet sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda oft<br />
<strong>in</strong> W<strong>in</strong>deseile.<br />
Der normale, der formelle Weg des Saatguts geht vom Züchter, meist<br />
e<strong>in</strong>em privaten Unternehmen oder e<strong>in</strong>em nationalen Forschungs<strong>in</strong>stitut,<br />
über den offiziellen Händler oder staatliche Saatgutberater und<br />
-unternehmen zum Bauern, seltener zur Bäuer<strong>in</strong>, auf’s Feld. Es gibt<br />
Regulierungen und Vorschriften, um Sortenre<strong>in</strong>heit, gleichbleibende<br />
Qualität und Keimfähigkeit zu garantieren. Denn hier geht es meist um<br />
den Anbau für kommerzielle Zwecke, für den Export oder die Verarbeitungs<strong>in</strong>dustrie.<br />
Regierungen, Entwicklungs<strong>in</strong>stitutionen und Reformen<br />
richten sich vornehmlich auf dieses System. Das wichtigste Handelsgut<br />
<strong>in</strong> diesem System ist bislang Hochertrags-Mais, Zugpferd für die Ansätze<br />
e<strong>in</strong>es kommerziellen Saatgutmarktes. Denn <strong>in</strong> »Gunststandorten«<br />
mit guten Böden und Niederschlägen br<strong>in</strong>gen kommerzielle Maissorten<br />
hohe Erträge. Sie s<strong>in</strong>d daher nicht nur weit verbreitet, sondern auch<br />
profitabel für die Saatgutproduzenten, weil das Saatgut nach jeder Ernte<br />
neu gekauft werden muss.<br />
Abgesehen davon ist <strong>Afrika</strong>s kommerzieller Saatgutmarkt völlig unterentwickelt.<br />
2005 wurde auf ihm e<strong>in</strong> Umsatz von kaum mehr als 820<br />
Mio. US-Dollar gemacht, wovon der größte Teil auf Südafrika entfiel. 73<br />
Ganz überwiegend verwenden die Bäuer<strong>in</strong>nen und Bauern immer noch<br />
ihr eigenes Saatgut, farmer’s seeds, tauschen Saatgut mit Nachbarn<br />
oder kaufen es sich auf <strong>in</strong>formellen Märkten. Dieser <strong>in</strong>formelle, horizontale<br />
Saatgutsektor deckt weltweit, so wird geschätzt, zwischen 80<br />
und 90% des Bedarfs. Er ist nicht nur billiger. Die lokalen, angepassten<br />
und erprobten Sorten, entstanden über Generationen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>fachen, geduldigen<br />
Züchtungs- und Verbesserungsprozessen, s<strong>in</strong>d oftmals nahrhafter,<br />
entsprechen den Ernährungsgewohnheiten, s<strong>in</strong>d an klimatische<br />
Bed<strong>in</strong>gungen und schwierige Bodenverhältnisse angepasst und oft resistent<br />
gegen Schädl<strong>in</strong>ge. Damit entspricht dieses System den Bedürfnissen<br />
und Anforderungen der kle<strong>in</strong>bäuerlichen Landwirtschaft weitaus<br />
besser als Hochertragssorten, die günstige Standortbed<strong>in</strong>gungen verlangen<br />
und oft auch weitere Kosten verursachen, da sie Dünger, Pestizide<br />
und Bewässerung benötigen, um sich zu rechnen.<br />
73<br />
GRAIN, Africa’s seed laws: red carpet for corporations, <strong>in</strong>: Seedl<strong>in</strong>g 2005, www.gra<strong>in</strong>.<br />
org/seedl<strong>in</strong>g<br />
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