Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
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loren. Jede Hungerkatastrophe spielt so der Saatgut<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> die<br />
Hände.<br />
Inzwischen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>ternationale <strong>Agrar</strong>forschungs<strong>in</strong>stitute wie ICAR-<br />
DA, nationale Forschungs<strong>in</strong>stitute, NROs, UN-Organisationen und die<br />
Gebergeme<strong>in</strong>schaft dazu übergegangen, nicht nur Nahrung, 81 sondern<br />
auch Saatgut zu verteilen, <strong>in</strong> der gut geme<strong>in</strong>ten Absicht, e<strong>in</strong>en Neuanfang<br />
ohne Kreditaufnahme und Verschuldung beim <strong>Agrar</strong>händler zu<br />
ermöglichen. Die Liste der Länder, <strong>in</strong> denen die Verteilung von Saatguthilfe<br />
– etwa durch das »Seeds of Hope«-Programm 82 – erfolgt, ist <strong>in</strong>zwischen<br />
immer länger geworden – von Äthiopien über Kenia und Mosambik<br />
bis Uganda. Ebenso die Dauer: In Burundi zum Beispiel wurden<br />
solche Programme seit 1995 elf Jahre lang durchgeführt, <strong>in</strong> Simbabwe<br />
13 Jahre, <strong>in</strong> Malawi für mehr als zwölf Ernten. Und die Angebotspalette<br />
umfasst längst nicht mehr nur Mais, sondern auch Perlhirse, Bohnen,<br />
Sorghum, Cassava. Damit stellen sich zahllose Fragen: Welches Saatgut?<br />
Welche Verteilungsmethoden? Welche Auswirkungen? Und ist das<br />
wirklich e<strong>in</strong> Beitrag zur »Saatgutsicherheit«?<br />
Verbreitete Praxis ist die direkte Verteilung von Saatgut (Direct Seed<br />
Distribution, DSD), die manchmal ergänzt wird durch die Zuteilung<br />
von landwirtschaftlichen Gerätschaften wie e<strong>in</strong>er Hacke. Die Hilfsorganisationen<br />
holen Angebote von Großhändlern für kommerzielles Saatgut<br />
e<strong>in</strong>. Für die Saatguthändler ist das e<strong>in</strong> profitables Geschäft, weil die<br />
Hilfsorganisationen und nichtstaatlichen Organisationen große Mengen<br />
abnehmen, zügig bezahlen und den Transport und die Verteilung<br />
selbst <strong>in</strong> die Hand nehmen. Besonders lukrativ ist es, wenn die Händler<br />
normales Getreide nehmen und zu Saatgut (»emergency grade« seed)<br />
erklären. »›Kommerzielle Saatguthilfe‹ ist vielfach nichts anderes als<br />
81<br />
So notwendig Nahrungsmittelhilfe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Fällen se<strong>in</strong> mag, so verbreitet ist die<br />
Kritik an ihr – sie reicht von der Schaffung von Abhängigkeit, der Schwächung der e<strong>in</strong>heimischen<br />
Landwirtschaft über die Destabilisierung von Marktpreisen bis h<strong>in</strong> zur Schaffung<br />
neuer Ernährungsgewohnheiten, die langfristig neue Absatzmärkte für kommerzielle Importe<br />
geschaffen würden. Siehe FAO, The State of Food and Agriculture 2006, Food aid for<br />
food security?<br />
82<br />
African Seed Sector Challenges. Build<strong>in</strong>g Seed Systems for Greater Food Security<br />
through Partnerships, o.J. (ICARDA), www.icarda.org/Publications/Caravan/caravan15/<br />
african/african.html<br />
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