Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4. Neue Werte braucht das Land<br />
Seit vier, fünf Jahren räumt auch die Weltbank e<strong>in</strong>, dass sie zu rasch<br />
vorgeprescht ist: »In customary systems ist die rechtliche Anerkennung<br />
bestehender Rechte und Institutionen im Allgeme<strong>in</strong>en wirksamer als<br />
voreilige Versuche, formalisierte Strukturen zu schaffen.« 139 Allerd<strong>in</strong>gs<br />
zeigt e<strong>in</strong>e nähere Analyse dieser ansche<strong>in</strong>end kompromissbereiten<br />
und pragmatischen Weltbank-Position zu Landreform und Landtitelvergabe,<br />
dass sie ihre Vorstellung »handelbarer Rechte« damit nicht<br />
aufgibt, sondern nur aufschiebt. Die Anerkennung der herkömmlichen<br />
Gewohnheitsrechte, die sie neuerd<strong>in</strong>gs verkündet, markiert e<strong>in</strong>e Zwischenetappe<br />
auf dem Weg zu <strong>in</strong>dividuellen Eigentumsrechten, die verkauft<br />
und beliehen werden können, und die nach Auffassung der Weltbank<br />
mit »moderner« Landwirtschaft besser übere<strong>in</strong>stimmen. 140 Es<br />
wird erwartet, dass sich die Geme<strong>in</strong>schaftsrechtssysteme selbstständig<br />
dah<strong>in</strong> entwickeln werden, nicht nur e<strong>in</strong>e Übertragung von Land zwischen<br />
den Mitgliedern der Geme<strong>in</strong>schaft, sondern auch auf Außenstehende<br />
zu ermöglichen. Am Ende dieses Prozesses würde also ebenfalls<br />
die Vermarktung von Geme<strong>in</strong>schaftsrechten und die Umwandlung von<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e private, <strong>in</strong>dividuelle Handelsware stehen.<br />
E<strong>in</strong> wesentliches Problem der Geme<strong>in</strong>schaftsrechte an Grund und<br />
Boden besteht nämlich <strong>in</strong> den Augen der neoliberalen Wirtschaftsstrategen<br />
dar<strong>in</strong>, dass es sowohl vorübergehende Landübertragungen wie<br />
Verpachtung, Verleihung oder Beleihung verh<strong>in</strong>dert, als auch e<strong>in</strong>en Verkauf.<br />
Diese Möglichkeiten s<strong>in</strong>d für Investoren, Spekulanten oder kommerzielle<br />
Bauern, die Zugang zu Kredit brauchen oder die Konsolidierung<br />
oder Ausweitung ihrer Ländereien anstreben, wichtiger als für die<br />
Kle<strong>in</strong>bauern. Die »Sicherheitsstufe« des jeweiligen Eigentumstitels hat<br />
e<strong>in</strong>en erheblichen E<strong>in</strong>fluss darauf, welchen Preis der Eigentümer oder<br />
Verkäufer für das Land realisieren kann. Vor allem aber steckt dah<strong>in</strong>ter<br />
die Vorstellung, dass flexible, freie Landmärkte notwendig s<strong>in</strong>d, um die<br />
Übertragung begrenzter Landressourcen von weniger profitablen Nutzungen<br />
auf profitablere Nutzer zu ermöglichen. Die Landnutzung durch<br />
139<br />
Klaus De<strong>in</strong><strong>in</strong>ger, Land Policies for Growth and Poverty Reduction, (World Bank)<br />
2003, xxvii<br />
140<br />
Elizabeth Fort<strong>in</strong>, Reform<strong>in</strong>g Land Rights: The World Bank and the Globalisation of<br />
Agriculture, (Institute of Development Studies, University of Sussex), 2005<br />
94