Agrar-Kolonialismus in Afrika - VSA Verlag
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handelsübliches Getreide, behandelt, verpackt und umetikettiert«. 83<br />
Unternehmen lieben daher das System der direkten Saatgutverteilung.<br />
Für die landwirtschaftliche Entwicklung ist das nur e<strong>in</strong>e Notlösung,<br />
die nicht wirklich hilft. Oft ist das verteilte Saatgut ungeeignet, weil ke<strong>in</strong>e<br />
Bedarfsfeststellung vorgenommen oder weil die Keimfähigkeit nicht<br />
geprüft wurde. So kann es passieren, dass Bauern Saatgut für gelbe Kartoffeln<br />
oder Mais bekommen, obwohl weiße Süßkartoffeln oder weißer<br />
Mais kulturell und traditionell bevorzugt werden. Viele Geber verlangen<br />
zudem e<strong>in</strong>e formelle Verifikation als Voraussetzung für die F<strong>in</strong>anzierung<br />
von Saatgut-Hilfsprogrammen, was farmer’s seeds benachteiligt.<br />
Um die Entscheidungsspielräume für die Bauern zu erweitern und<br />
den logistischen Aufwand zu verr<strong>in</strong>gern, gehen Organisationen zunehmend<br />
dazu über, Gutsche<strong>in</strong>e für Saatgut auszustellen und Saatgutmärkte<br />
zu organisieren. Dieser Ansatz 84 wurde erstmals im Juli 2000 <strong>in</strong><br />
Kenia durchgeführt und hat sich seither rasch verbreitet, oft erweitert<br />
um Gutsche<strong>in</strong>e für Kle<strong>in</strong>vieh, Futter, Dünger oder Gerätschaften. Mehr<br />
noch als die direkte Saatgutverteilung trägt er als <strong>in</strong>direkte Subventionierung<br />
zum Aufbau e<strong>in</strong>es Vermarktungssystems bei. In e<strong>in</strong>er umfassenden<br />
Bestandsaufnahme der verschiedenen Ansätze der Saatgutnothilfe<br />
wird e<strong>in</strong> wachsendes Interesse an »marktorientierten Konzepten«<br />
festgestellt. Konstatiert wird e<strong>in</strong> »Vorrang von angebotsorientierten<br />
Ansätzen, mit e<strong>in</strong>er starken Abhängigkeit vom kommerziellen Sektor«<br />
und »fehlendem Verständnis für farmer’s seed systems«. 85<br />
Die bestehenden Formen der Saatgutnothilfe fungieren damit als e<strong>in</strong><br />
Transmissionsriemen, um Hochertrags-Saatgut an Bauern zu br<strong>in</strong>gen,<br />
die es sich ansonsten kaum leisten könnten. Züchter und Industrie bekommen<br />
e<strong>in</strong>e breite Verteilung ihres Saatguts f<strong>in</strong>anziert – ohne Werbungskosten<br />
und eigenen Aufwand. Doch vielfach ist das Saatgut, das<br />
im kommerziellen System angeboten wird, beschränkt auf e<strong>in</strong>e enge<br />
Bandbreite von Pflanzen und Sorten, die die Saatgut<strong>in</strong>dustrie als potenziell<br />
profitabel betrachtet. Viele davon wurden entwickelt und ausgewählt<br />
für Gebiete mit guten Anbaubed<strong>in</strong>gungen. Im Unterschied dazu<br />
treffen die Hungerkrisen überwiegend die Regionen mit schwierigen<br />
83<br />
Seed Aid for Seed Security. Advice for Practitioners, Practice Brief 6 und 8, www.ciat.<br />
cgiar.org/africa/seeds.htm<br />
84<br />
SV&F, Seed Vouchers & Fairs<br />
85<br />
Zu Vor- und Nachteilen von DSD und SV&F siehe: CIAT u.a., Practice Brief 8, www.<br />
ciat.cgiar.org/africa/seeds.htm.<br />
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