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Vorlesung Romantik Text

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<strong>Vorlesung</strong> Französische <strong>Romantik</strong> WiSe 2010/2011<br />

geträumt. Der unglaubliche Erfolg von Dumas’ Antony sei allerdings schon für die<br />

jugendlichen Leser von 1880 kaum noch vorstellbar:<br />

[Flaubert] éprouvait le regret […] de n’être pas acteur pour jouer le rôle de Triboulet du<br />

Roi s’amuse. Le théâtre l’appelait; nous y allions souvent ensemble. Il s’était pris de<br />

passion pour Antony, qui est une des œuvres les plus puissantes de l’école romantique et<br />

qui eut une importance que les générations actuelles ne peuvent se figurer. 102<br />

Antony nähert sich sehr weit dem Melodrama an, weshalb auch das Theater der Porte<br />

Saint-Martin der geeignete Spielort für das Stück ist, wo es im Mai 1831 Premiere hat.<br />

Dumas gelingt das Kunststück, Sympathie für zwei Ehebrecher zu wecken und am<br />

Ende doch behaupten zu können, die Moral habe gesiegt und der Ehebruch werde<br />

verurteilt. Antony liebt Adèle d’Hervey, kann sie aber nicht heiraten, weil er nur der<br />

uneheliche Sohn eines einflußreichen Mannes ist. Er will seine Familieverhältnisse<br />

klären und bittet Adèle, zwei Wochen auf ihn zu warten, doch wegen diverser<br />

Komplikationen kommt er erst drei Jahr später wieder. Adèle ist mittlerweile<br />

verheiratet mit einem Offizier, der aber in Strasbourg stationiert und also weit weg<br />

ist. Der romantische Held Antony umwirbt Adèle so heftig, daß sie ihm schließlich<br />

nachgibt. Doch die offen ehebrecherische Beziehung, die die beiden in Abwesenheit<br />

des Ehemanns führen, erzeugt bald bösartigen Klatsch, der bis nach Strasbourg<br />

dringt. Als der eifersüchtige Ehemann unerwartet in die Pariser Wohnung<br />

zurückkommt, bittet Adèle ihren Geliebten, er solle sie erstechen, um ihre Ehre zu<br />

retten. Antony erfüllt ihr diesen Wunsch. Die melodramatische Lösung, die Dumas<br />

für den Schluß gefunden hatte, begeisterte das Publikum zeitgenössischen Berichten<br />

zufolge bis zur Raserei. Sie können nun testen, wie Sie selbst darauf reagieren. Wir<br />

befinden uns mit Adèle und Antony in Adèles Schlafzimmer, von draußen hört man<br />

den tobenden Ehemann nahen. Adèle sagt ihrem Geliebten, er solle fliehen, aber<br />

Antony lehnt ab [mit verteilten Rollen lesen lassen]:<br />

Antony: Eh! je ne veux pas fuir, moi… Écoute… Tu disais tout à l’heure que tu ne<br />

craignais pas la mort?<br />

Adèle: Non, non… Oh! tue-moi, par pitié!<br />

Antony: Une mort qui sauverait ta réputation, celle de ta fille?<br />

Adèle: Je la demanderais à genoux.<br />

Une voix, en dehors: Ouvrez!… ouvrez!… Enfoncez cette porte…<br />

Antony: Et, à ton dernier soupir, tu ne haïrais pas ton assassin?<br />

Adèle: Je le bénirais… Mais hâte toi!… Cette porte…<br />

Antony ersticht Adèle, in dem Moment wird die Tür aufgebrochen und der Colonel<br />

d’Hervey steht im Raum:<br />

Le Colonel: Infâme!… Que vois-je?… Adèle!… morte!…<br />

Antony: Oui! morte! Elle me résistait, je l’ai assassinée!…<br />

102 Maxime Du Camp: Souvenirs littéraires. […] Bruxelles: Éditions complexes 2002, S. 22.<br />

107

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