Vorlesung Romantik Text
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<strong>Vorlesung</strong> Französische <strong>Romantik</strong> WiSe 2010/2011<br />
24.11.2010: Die Entdeckung der deutschen <strong>Romantik</strong> (Mme de Staël, De l’Allemagne,<br />
der groupe de Coppet, exemplarische Rezeption von Jean Paul)<br />
Rückblick auf letzte Woche:<br />
Chateaubriands „infini“, dem die Seele nachstrebt und das sie nie erreichen kann<br />
(wenn sie es erreichen könnte, würde sie sofort wieder enttäuscht), ähnelt prinzipiell<br />
– ohne daß Chateaubriand dafür Schlegel gekannt hätte – dem frühromantischen<br />
Programm, das Friedrich Schlegel etwa gleichzeitig in den Athenäums-Fragmenten<br />
formuliert:<br />
Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie. […] Andere Dichtarten sind<br />
fertig und können nun vollständig zergliedert werden. Die romantische Dichtart ist noch<br />
im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, daß sie ewig nur werden, nie vollendet sein<br />
kann“. 42<br />
Die Athenäums-Fragmente heißen so, weil sie in der bereits in der ersten Sitzung<br />
erwähnten Zeitschrift der Jenaer Frühromantik, eben dem Athenäum, erschienen<br />
sind. Verfaßt wurden sie vor allem von Friedrich Schlegel und seinem Bruder August<br />
Wilhelm und skizzieren in aphoristischer Form die Umrisse eines romantischen<br />
Programms. August-Wilhelm Schlegel war, wie wir ebenfalls bereits gehört haben, ab<br />
1804 der ständige Begleiter und Deutschlandspezialist von Mme de Staël. Damit soll<br />
zwar kein mechanischer Zusammenhang zwischen der deutschen Frühromantik und<br />
Mme de Staëls Deutschlandbild behauptet werden, aber die Bedeutung dieser<br />
Verbindung sollte man dennoch nicht unterschätzen. Wir werden am Beispiel der<br />
unterschiedlichen Urteile über Shakespeare nachher noch sehen, daß Mme de Staël<br />
nicht einfach die Positionen der Schlegels übernimmt.<br />
Als Einstieg das Kapitel II, 11: De la littérature classique et de la poésie<br />
romantique“, mit dem wir zu einer ersten Synthese des bisher Gesagten kommen<br />
(erst einmal Reaktionen der eventuellen Leser und Leserinnen sammeln?)<br />
Wir hatten bereits in der Debatte um De la littérature und in den Reaktionen des<br />
Lagers um Fontanes und Chateaubriand gesehen, daß die Sympathien für die<br />
romantische Literatur Englands und Deutschlands, die Mme de Staël darin geäußert<br />
hatte, heftige Reaktionen provozierten. Das Lager der Klassizisten war der Ansicht,<br />
42 Friedrich Schlegel: Athenäumsfragment Nr. 116, KFSA Abt. 1, Bd. 2, S. 182−183.<br />
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