Vorlesung Romantik Text
Vorlesung Romantik Text
Vorlesung Romantik Text
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Vorlesung</strong> Französische <strong>Romantik</strong> WiSe 2010/2011<br />
unendlicher Leidensfähigkeit, ebenso wie die dauernden Quälereien ihres halb<br />
wahnsinnigen Freundes, dem sie schließlich sogar nach Paris folgt. Dort machen die<br />
beiden Reisepläne, die sie für einige Zeit wieder heiterer stimmen. Als plötzlich ein<br />
junger Mann aus dem Heimatort von Brigittes Eltern auftaucht, der ihr Briefe<br />
überbringt, verschlechtert sich ihre Stimmung schlagartig. Sie teilt Octave mit, daß<br />
ihre Eltern ihr drohen, sie zu verstoßen, wenn sie sich nicht von ihrem Geliebten<br />
trennen sollte. Brigitte ist trotzdem bereit, die Reise sofort anzutreten. Doch Octave<br />
will nun in einem masochistischen Selbstversuch testen, ob sich Brigitte nicht in den<br />
jungen Mann verlieben könnte, der die Briefe überbringt, und verschiebt die Abreise<br />
ständig. Als er auf dem Höhepunkt der selbst provozierten Eifersucht angelangt ist,<br />
will er die nach einem heftigen Streit kollabierte Brigitte im Schlaf erdolchen, findet<br />
dabei aber zunächst ein Kreuz auf ihrer Brust, das ihn zurückschrecken läßt, und<br />
findet dann einen Brief, in dem Brigitte dem jungen Mann, in den sie sich tatsächlich<br />
verliebt hat, mitteilt, daß sie trotz allem bei Octave zu bleiben gedenke und daß sie<br />
bereit sei, für und durch Octave zu sterben. Das führt bei Octave zu einer<br />
schlagartigen christlichen Läuterung und zu einem ziemlich unbefriedigenden<br />
Romanende.<br />
Wir werden in der nächsten Woche noch einige Aspekte der „maladie du siècle“<br />
aus der Confession ansehen und noch knapp auf die besagten Lettres de Dupuis et<br />
Cotonet eingehen. Als Beispiel für eine romantische Autobiographie werden wir uns<br />
dann vor allem Stendhals Vie de Henry Brulard und Chateaubriands Mémoires<br />
d’outre-tombe ansehen.<br />
71