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Vorlesung Romantik Text

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<strong>Vorlesung</strong> Französische <strong>Romantik</strong> WiSe 2010/2011<br />

2.11.2010<br />

A) Wiederholung der zentralen Punkte vom letzten Mal<br />

B) Rousseau und die „Präromantik“<br />

Das 18. Jahrhundert aus der Sicht des 19.<br />

Das Verhältnis der <strong>Romantik</strong> zur vorangehenden Epoche der Aufklärung scheint auf<br />

den ersten Blick das eines nahezu vollständigen Gegensatzes zu sein. Den Klischees<br />

von der irrationalen, individualistischen und zur Nachtseite der Dinge neigenden<br />

<strong>Romantik</strong> stehen die Klischees von der hellen, vernunftorientierten und auf die<br />

Gesellschaft bezogenen Aufklärung gegenüber. Wie es meistens der Fall ist, stimmt<br />

an diesen Klischees so gut wie gar nichts. Die Selbstinszenierung der Autoren des<br />

frühen 19. Jahrhunderts neigte in vielen Fällen dazu, die eigene intellektuelle<br />

Verbundenheit mit dem 18. Jahrhundert herunterzuspielen und die Revolution als<br />

einen nicht nur politischen, sondern auch kulturellen Bruch darzustellen, nach dem<br />

auch literarisch nichts mehr so gewesen sei wie davor. Etwas schematisch könnte<br />

man sagen: Die Revolutionäre ab 1789 hatten sich auf Voltaire und Rousseau<br />

berufen, also mußten spätestens mit dem Ende der Revolution auch diese<br />

Bezugsgrößen überholt sein.<br />

Natürlich war schon das Bild von Voltaire und Rousseau, das sich die Revolution<br />

zurechtgemacht hatte, eine weitgehend unangemessene Verkürzung, die dann noch<br />

einmal reduziert wurde, als sich die Literaten des frühen 19. Jahrhunderts von dieser<br />

Tradition verbal zu distanzieren versuchten, um die eigene Originalität um so<br />

deutlicher herauszustellen. In seinen in den 1840er Jahren erschienenen Mémoires<br />

d’outre-tombe schreibt François de Chateaubriand in einer Passage, die angeblich<br />

bereits 1821 geschrieben wurde (aber man weiß, daß Chateaubriand den <strong>Text</strong> bis zur<br />

Veröffentlichung immer wieder überarbeitet hat):<br />

Lorsque je relis la plupart des écrivains du dix-huitième siècle, je suis confondu, et du bruit qu’ils<br />

ont fait et de mes anciennes admirations. Soit que la langue ait avancé, soit qu’elle ait rétrogradé,<br />

soit que nous ayons marché vers la civilisation, ou battu en retraite vers la barbarie il est certain<br />

que je trouve quelque chose d’usé, de passé, de grisaille, d’inanimé, de froid dans les auteurs qui<br />

firent les délices de ma jeunesse. Je trouve même dans les plus grands écrivains de l’âge voltairien<br />

des choses pauvres de sentiment, de pensée, de style.<br />

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