Vorlesung Romantik Text
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<strong>Vorlesung</strong> Französische <strong>Romantik</strong> WiSe 2010/2011<br />
als gemeinsames Merkmal des pathetischen „roman personnel“ und der satirischen<br />
Briefe festmachen.<br />
Einen überzeugenden literarischen Gegenentwurf zur <strong>Romantik</strong> gibt es im <strong>Text</strong><br />
der Confession jedoch nicht. Auch jede mögliche andere Form von Literatur ist<br />
diskreditiert, weil es eine heile Welt und unbeschwerte Liebeserlebnisse nicht mehr<br />
geben kann Die endlosen und letztlich ergebnislosen oder zumindest frustrierenden<br />
Versuche, das eigene Ich zu begreifen, machen den Kern des „roman personnel“ aus.<br />
Véronique Dufief-Sanchez hat in einer sehr lesenswerten Arbeit, die vor kurzem<br />
erschienen ist, diese melancholische Suche nach Selbsterkenntnis anhand einer Reihe<br />
von Ich-Romanen als zentrales Problem der Gattung beschrieben. Einige dieser <strong>Text</strong>e<br />
sind uns schon begegnet, an einigen weiteren ließe sich dieses Problem in weiteren<br />
Varianten untersuchen.<br />
Dufief-Sanchez behandelt in chronologischer Abfolge u. a.<br />
Chateaubriands René (1802)<br />
Senancours Obermann (1804)<br />
Constants Adolphe (1816)<br />
Émile de Girardin: Émile, fragments (1827)<br />
Astolphe de Custine: Aloys ou le religieux du Mont Saint-Bernard (1829)<br />
Mussets Confession (1836)<br />
Balzacs Le Lys dans la Vallée (1836)<br />
Flauberts Mémoires d’un fou (1838)<br />
Flauberts Novembre (1842)<br />
Alphonse Karr: Voyage autour de mon jardin (1845)<br />
und als Endpunkt der Gattung Eugène Fromentin: Dominique (1863)<br />
(Véronique Dufief-Sanchez: Philosophie du roman personnel de Chateaubriand à<br />
Fromentin 1802–1863. Genève: Droz 2010)<br />
Aber zurück zu Musset.<br />
Schon in einem Langgedicht mit dem Titel Les vœux stériles, das er im Oktober 1830<br />
in der Revue de Paris veröffentlicht hatte, stand das gespannte Verhältnis des<br />
schreibenden zum analysierten Ich zur Debatte. Damals hatte er geschrieben:<br />
Je suis jeune; j’arrive. A moitié de ma route,<br />
Déjà las de marcher, je me suis retourné.<br />
La science de l’homme est le mépris sans doute;<br />
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