Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...
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Hinblick auf Evidenz, die mit der bevorzugten Interpretation kompatibel ist. Eine<br />
Aufgabe dieser Subskala kann vom Leser auch verlangen, Schlüsse über die<br />
Absichten des Autors zu ziehen." 131<br />
4.5. Was verstehen <strong>und</strong> wie hermeneutisch deuten zwischen "Fremdheit<br />
<strong>und</strong> Vertrautheit"?<br />
Quelleninterpretation <strong>als</strong> hermeneutische Spirale in Auseinandersetzung<br />
mit Schleiermacher, Dilthey, Gadamer <strong>und</strong> Habermas<br />
Die Hermeneutik ( griechisch hermeneuein = auslegen, übersetzen), noch älter <strong>als</strong><br />
die Heuristik, ist die Theorie, Kunst <strong>und</strong> Methode der Auslegung <strong>und</strong> Deutung. Der<br />
Götterbote Hermes hatte die göttlichen Gebote den sterblichen Menschen überbracht<br />
<strong>und</strong> sie ihnen verdolmetscht, z. B. mehrdeutige Orakel. Unter aristotelischem Einfluss<br />
wurde die Hermeneutik dogmatisiert <strong>und</strong> zum Regelkanon auch für die Theologie<br />
<strong>und</strong> Rechtswissenschaft. Mit der Autorität <strong>und</strong> Vorm<strong>und</strong>schaft antiker Autoren,<br />
insbesondere des "philosophus" (Aristoteles) im Mittelalter, hat erst die Aufklärung<br />
gebrochen; denn sie forderte für das menschliche Denken, es müsse eigenständig<br />
<strong>und</strong> unabhängig <strong>und</strong> so mündig werden.<br />
Sechste prozessuale Operation ist das hermeneutische Verstehen sui generis.<br />
Schleiermacher, Dilthey, Gadamer <strong>und</strong> Habermas haben dafür Vorschläge<br />
erarbeitet, die für die Auslegung nicht nur von Texten, sondern auch literarischen <strong>und</strong><br />
künstlerischen Werken gelten. Zwar befasst sich ihre Hermeneutik nicht vorrangig mit<br />
historisch-politischen <strong>und</strong> sozialwissenschaftlichen Quellen, doch sind insbesondere<br />
Anregungen wichtig, die Gadamer <strong>und</strong> Habermas für ihre Deutung unterbreiten.<br />
Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert hat der protestantische Theologe, Pädagoge <strong>und</strong> Philosoph<br />
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768 - 1834) die Hermeneutik neu definiert:<br />
<strong>als</strong> "Kunst, die Rede eines anderen, vornehmlich die schriftliche, richtig zu<br />
verstehen". Er unterscheidet dabei die grammatische von der psychologischen<br />
Reproduktion; sie erfordere, sich in den Autor <strong>und</strong> sein Gesamtwerk<br />
hineinzuversetzen, um die historische Distanz zu ihm aufzuheben. Schließlich soll<br />
der Interpret die Rede "zuerst ebenso gut <strong>und</strong> dann besser verstehen <strong>als</strong> ihr<br />
Urheber". Voraussetzung dafür ist allerdings nach Schleiermacher eine<br />
Seelenverwandtschaft zwischen beiden <strong>und</strong> ein "divinatorischer" (erahnender)<br />
Nachvollzug. 132<br />
131 PISA 2000. Seite 83. Vgl. auch Seiten 82 (Abbildung 2.1) <strong>und</strong> 89 (Tabelle 2.3 <strong>als</strong> Übersicht).<br />
132 Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Hermeneutik <strong>und</strong> Kritik. Mit einem Anhang<br />
sprachphilosophischer Texte Schleiermachers. Herausgegeben von Manfred Frank. Frankfurt a- M.<br />
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