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Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...

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"neutrale" Widerspiegelung handelt, weil der Spiegel Mängel aufweist. Die<br />

Toleranzgrenze wäre allerdings überschritten, wenn die D-Dok. ein blinder, ein<br />

zerbrochener Spiegel oder gar ein Zerrspiegel wäre.<br />

Um die Volltextquellen authentisch mit Hervorhebungen wiedergeben zu können, ist<br />

das pdf-Format ausgewählt worden. Es gewährleistet, dass fette, gesperrte, kursive<br />

oder unterstrichene Textstellen auf dem Monitor angezeigt <strong>und</strong> auch ausgedruckt<br />

werden können.<br />

2.8. Die Spiegelfunktion der fördernden Umwelt in der primären<br />

Sozialisation: Die Entstehung des Selbst <strong>und</strong> des denkenden Ichs<br />

Der wiederholt zitierte Winnicott (1.4.) hat der Spiegelfunktion der „fördernden<br />

Umwelt" eine f<strong>und</strong>amentale Bedeutung für die frühkindliche Sozialisation<br />

beigemessen. „In der individuellen emotionalen Entwicklung", so betont er, „ist das<br />

Gesicht der Mutter der Vorläufer des Spiegels." Diese visuelle Interdependenz<br />

zwischen Mutter <strong>und</strong> Kind deutet Winnicott, indem er auf Francis Bacon <strong>und</strong> René<br />

Descartes anspielt: „Ich bin der Meinung, eine Beziehung zwischen Aufmerksamkeit<br />

<strong>und</strong> Wahrnehmung herstellen zu können, indem ich einen historischen Prozeß im<br />

einzelnen annehme, der darauf beruht, selbst gesehen zu werden. Wenn ich sehe<br />

<strong>und</strong> gesehen werde, so bin ich. Jetzt kann ich mir erlauben, um mich herumzublicken<br />

<strong>und</strong> zu sehen. Ich sehe jetzt kreativ: Was ich betrachte, nehme ich auch wahr." 55<br />

An anderer Stelle schreibt Winnicott zur Entstehung des Ichs: Da jemand sieht <strong>und</strong><br />

begreift, dass „ich existiere", bekomme ich „(wie ein im Spiegel gesehenes Gesicht),<br />

den Beweis zurück, den ich brauche, daß ich <strong>als</strong> Wesen erkannt worden bin". Wenn<br />

der Zustand des ICH BIN hergestellt sei, dann schließe er ein, alles andere sei nicht<br />

ich. „Ich bin, ich existiere, ich sammle Erfahrungen <strong>und</strong> bereichere mich <strong>und</strong> habe<br />

eine introjektive <strong>und</strong> projektive Interaktion mit dem NICHT ICH, der wirklichen Welt<br />

der gemeinsamen Realität." 56<br />

Wie die Mutter ihr Kind spiegelt, entscheidet darüber, welches Selbst <strong>als</strong> Kern seiner<br />

körperlich-emotionalen Existenz entsteht. Ist ihr Blick lebendig, empathisch, liebevoll,<br />

so kann das Kind sein Körperselbst <strong>und</strong> schließlich sein wahres Selbst besetzen <strong>und</strong><br />

einen ges<strong>und</strong>en Narzissmus aufbauen – <strong>als</strong> in der Regel lebenslang prägende Basis<br />

seines Selbstwertgefühls <strong>und</strong> Selbstwertes. Ist der Blick der Mutter dagegen<br />

55 D. W. Winnicott: Die Spiegelfunktion von Mutter <strong>und</strong> Familie in der kindlichen Entwicklung. In: Vom<br />

Spiel zur Kreativität. Stuttgart 1987. Seiten 128ff., zit. 128 <strong>und</strong> 131f. Vgl. dazu auch Martin Altmeyer:<br />

Narzißmus <strong>und</strong> Objekt. Ein intersubjektives Verständnis der Selbstbezogenheit. Göttingen 2000. Seite<br />

222f.<br />

56 D. W. Winnicott: Reifungsprozesse <strong>und</strong> fördernde Umwelt. München 1965. Seite 79.<br />

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