Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...
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2.6. Begriff <strong>und</strong> Authentizität der Quelle <strong>als</strong> Spiegel: Quellen sind der<br />
Stoff, aus dem Geschichte entsteht <strong>und</strong> gemacht wird<br />
Quellen sind alle überlieferten "objektiven", datierbaren <strong>und</strong> deshalb konstanten<br />
Zeugnisse menschlicher Existenz, die in der Gegenwart Geschichte aus dem<br />
Rückblick konstituieren <strong>und</strong> sie in der Vergangenheit zeitnah spiegeln. Diese<br />
Definition bedarf einiger Erläuterungen.<br />
Zeugnisse sind alle materialisierten Informationen, die von Menschen stammen,<br />
unabhängig davon, in welcher Form sie vorliegen; jedoch sind sie nur existent dann,<br />
wenn sie überliefert, <strong>als</strong>o nicht verloren gegangen sind. Geschichte entsteht, indem<br />
man aus der Gegenwart in die Vergangenheit zurückblickt, <strong>als</strong>o aus der zeitlichen<br />
Retrospektive. Voraussetzung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lage dafür sind Quellen in ihrer Funktion,<br />
Informationen <strong>als</strong> Rohstoff zu speichern.<br />
"Objektiv" heißt nicht, dass Quellen die Wirklichkeit sind oder sie realitätsgerecht <strong>und</strong><br />
wahrheitsgetreu wiedergeben (reproduzieren), sondern dass sie die Vergangenheit<br />
zeitnah, oft zeitidentisch überliefern <strong>und</strong> damit spiegeln. Dies kann keine<br />
Geschichtsdarstellung, die nachträglich auf Wissen zurückgreift, das Quellen <strong>als</strong><br />
Rohstoff bereits verarbeitet hat. Texte, Bilder, Töne, Filme (audiovisuell), Objekte<br />
(z.B. Werkzeuge, Schmuck) oder Zustände (z.B. Flur- <strong>und</strong> Siedlungsformen) erteilen<br />
<strong>als</strong> Quellen zeitnah Auskunft über die Vergangenheit <strong>und</strong> konstituieren damit<br />
Geschichte. Ohne Quellen gäbe es keine Geschichte <strong>und</strong> keine<br />
Geschichtswissenschaft.<br />
Wenn Quellen der Rohstoff des historischen Wissens sind, dann sind sie folglich<br />
nicht dieses Wissen, das erst entsteht, indem Quellen <strong>als</strong> Informationen verarbeitet<br />
werden - wer, wann, wo, wie <strong>und</strong> warum jemand in den Spiegel sieht <strong>und</strong> darauf<br />
antwortet. Während Quellen sich stets treu <strong>und</strong> so mit sich selbst identisch bleiben,<br />
wandelt sich das historische Wissen, indem jede Gegenwart neue Fragen stellt <strong>und</strong><br />
die Vergangenheit damit neu bewertet. Mit anderen Worten: Authentische Quellen<br />
sind eine Konstante in der Erscheinungen Flucht, denn sie bleiben, sofern sie<br />
datierbar sind, unverändert <strong>und</strong> unveränderlich; historisches Wissen <strong>und</strong> historische<br />
Darstellungen dagegen sind Variablen, unbekannte Größen, die sich im Laufe der<br />
Jahre ändern <strong>und</strong> wandeln. Quellen konstituieren Geschichte, indem sie aus ihnen<br />
erschlossen <strong>und</strong> erarbeitet wird.<br />
Unterschieden werden Quellen häufig nach ihrem Überlieferungscharakter: 1. <strong>als</strong><br />
Überreste oder Relikte, wenn sie unabsichtlich für die Nachwelt, <strong>als</strong>o mehr oder<br />
weniger zufällig, erhalten geblieben sind; 2. <strong>als</strong> Traditionsquellen, wenn sie<br />
zielgerichtet <strong>und</strong> bewusst für die Nachwelt produziert worden sind, um bestimmte<br />
Informationen zu überliefern. Sie sind daher nicht zufällig entstanden, sondern mit<br />
bestimmten Absichten (Intentionen). Trotz dieser Unterscheidungskriterien, die<br />
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