Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...
Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...
Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
50 seien "faule H<strong>und</strong>e". 197 Wie kann man von einer Berufsgruppe Leistung <strong>und</strong><br />
Engagement erwarten, wenn man sie so gesellschaftlich, politisch <strong>und</strong> häufig auch<br />
administrativ diskriminiert <strong>und</strong> abwertet? Und wie sollen so kollektiv abqualifizierte<br />
Lehrer/innen ihr narzisstisches Selbstwertgefühl im Gleichgewicht halten? Über die<br />
Hälfte von ihnen fühlt sich nicht nur beruflich belastet oder überfordert, ein gutes<br />
Drittel von ihnen hat bereits resigniert - mit steigender Tendenz.<br />
Die 3. TIMMS (Third International Mathematics and Science Study)-Studie hatte<br />
schwerwiegende Mängel offen gelegt, weil deutsche Schulen neben<br />
Spitzenleistungen einen überproportional hohen Anteil "sehr leistungsschwacher"<br />
Schüler im Vergleich zu Nachbarländern aufgewiesen haben. 198 Dennoch vollzog sich<br />
erst im Zeichen des PISA-Schocks <strong>und</strong> des Lehrermangels ein Umdenken. So hat<br />
NRW-Schulministerin Ute Schäfer (SPD) jetzt eine Image-Kampagne für den<br />
Lehrerberuf gestartet. Referendare <strong>und</strong> Referendarinnen für Haupt-, Real- <strong>und</strong><br />
Berufsschulen erhalten Sondereinstellungstermine für den Vorbereitungsdienst.<br />
Die Realität sieht anders aus <strong>als</strong> die über Lehrer/innen verbreiteten Zerrbilder,<br />
wenngleich sie auch ein Körnchen Wahrheit enthalten. Nur 9,4% der Lehrer/innen an<br />
allgemein bildenden Schulen halten bis zum 65. Lebensjahr <strong>als</strong> normalem<br />
Renteneintrittsalter durch. 36,2% gehen in den vorzeitigen Ruhestand, u. a. wegen<br />
Schwerbehinderung, aber 54,3% werden wegen Dienstunfähigkeit frühpensioniert. 199<br />
Darunter befinden sich zweifelsohne viele schwarze Schafe <strong>und</strong> auch "faule Säcke"<br />
(Gerhard Schröder). Sie missbrauchen ihren Beamtenstatus oder nutzen<br />
Sonderrechte des öffentlichen Dienstes aus, während die engagierten Lehrer/innen<br />
sich aufreiben, überfordern <strong>und</strong> so Opfer ihrer selbst werden. Leistung <strong>und</strong><br />
Motivation lohnen sich im deutschen Schulsystem meistens nicht <strong>und</strong> führen zum<br />
Burnout-Syndrom. Wer computergestützten Unterricht wagt, muss häufig befürchten,<br />
von den PC-Analphabeten, wenn sie im Kollegium in der Überzahl sind, gemobbt zu<br />
werden.<br />
Fast die Hälfte der deutschen Lehrer/innen ist um die 50 Jahre alt. Diese<br />
Überalterung bedeutet nicht, dass sie deshalb schlechter unterrichten <strong>als</strong> ihre<br />
jüngeren Kollegen/innen - obwohl ihnen dieses Vorurteil anhaftet. 200 Zutreffend ist<br />
197 Schröder in einem umstrittenen Interview mit der Schülerzeitung "Die Wühlmaus" des Zevener St.-<br />
Viti-Gymnasiums. Schröder korrigierte <strong>und</strong> entschuldigte sich später. Die Staatsanwaltschaft<br />
Verden/Aller hat das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt, da es sich um keinen strafrechtlichen<br />
Fall einer Beleidigung oder einer Volksverhetzung handele (Berliner Zeitung vom 16. Juni <strong>und</strong> 20. Juli<br />
1995). Zur Äußerung Oettingers vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 23. März 1999.<br />
198 Wilfried Bos <strong>und</strong> Jürgen Baumert: Internationale Schulleistungsforschung <strong>als</strong> Instrument externer<br />
Evaluation des Bildungswesens in <strong>Deutschland</strong> am Beispiel von TIMMS/III. In: Bernhard von<br />
Rosenbladt (Hrsg.): Bildung in der Wissensgesellschaft. Ein Werkstattbericht zum Reformbedarf im<br />
Bildungssystem. Münster/München u.a. 1999. Seiten 63 - 92, zit. 89.<br />
199 Klassenkrampf. Warum Lehrer <strong>und</strong> Schüler versagen. In: Der Spiegel Nr. 46 vom 10. November<br />
2003. Seiten 46 - 68, zit. Zahlenangaben 47. Das durchschnittliche Pensionsalter liegt bei 59 Jahren.<br />
200 Stephan Lüke: Schulklima wichtiger <strong>als</strong> Lehrer-Alter. Fast die Hälfte aller Lehrer in Nordrhein-<br />
183