Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...

sinken beginnt, dann konfrontiert sie ihr brüchiges Selbst mit ihrer inneren Leere, mit
ihrer inneren Unruhe, mit ihrer inneren Kälte und mit ihrer inneren Heimatlosigkeit.
Friedrich Nietzsche (1844 - 1900), selbst ohne familiäre Wärme aufgewachsen und
politisch nachträglich missbraucht, hat diese Tragik des narzisstischen
"übermenschlichen" Lebensgefühls in seinem Gedicht "Vereinsamt" verewigt: 28
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein.-
Wohl dem, der jetzt noch - Heimat hat!
Nun stehst du starr,
Schaust rückwärts, ach! wie lange schon!
Was bist du Narr
Vor Winters in die Welt entflohn?
Die Welt - ein Tor
Zu tausend Wüsten stumm und kalt!
Wer das verlor,
Was du verlorst, macht nirgends halt.
Nun stehst du bleich,
Zur Winter-Wanderschaft verflucht,
Dem Rauche gleich,
Der stets nach kältern Himmeln sucht.
Flieg, Vogel, schnarr
Dein Lied im Wüstenvogel-Ton!-
Versteck, du Narr,
Dein blutend Herz in Eis und Hohn!
Die Krähen schrein
Und ziehen schwirren Flugs zur Stadt:
Bald wird es schnein,-
Weh dem, der keine Heimat hat!
28 Echtermeyer: Deutsche Gedichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Neugestaltet von Benno
von Wiese. Düsseldorf 1981. Seiten 521f. - Vgl. auch Alice Miller: Der gemiedene Schlüssel. Frankfurt
a. M. 1988. Seiten 9 - 78 über Friedrich Nietzsche. Neben zutreffenden Deutungen enthält die
Lebensanalyse Nietzsches zu viele Spekulationen; auch ist - wie oft bei Alice Miller - die Materialbasis
nicht ausreichend.
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