Quellenarbeit als lebenslanges und neues Lernen - Deutschland ...

Ganztagsschule ist, die auch auf die Sekundarbereiche I und II ausgedehnt werden
soll: Zweifel sind vorerst aus mehreren Gründen angebracht, ob es gelingt, Theorie
und Praxis miteinander in Einklang zu bringen:
-1. Die Bundesregierung und mit ihr Edelgard Bulmahn sind nicht für das Schulwesen
zuständig, sie zahlen aber − das Investitionsprogramm, das mit den Bundesländern
abgesprochen ist, beläuft sich auf insgesamt vier Milliarden Euro;
-2. Manche Kultusminister/innen bzw. Senator/innen in den Bundesländern haben
noch nicht begriffen, was die Stunde geschlagen hat: dass es vorrangig darum geht,
die ohnehin knappen staatlichen Ressourcen dort gezielt einzusetzen, wo sie am
meisten nützen − in die frühestmögliche, individuelle Förderung von Kindern; denn
sie sind in einem so rohstoffarmen Land das höchste Gut, das Deutschland zu bieten
hat, wenn es nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine Zukunft haben will; 214
-3. Die von Bundes- und Landesregierungen bislang eingeleiteten und
versprochenen Bildungsreformen, darunter der sozialliberalen Koalition seit 1969
(Chancengleichheit, Gesamtschule versus dreigliedrigem Schulsystem, Brandt:
"Bildungschancen für alle"), haben nur zu politisch oder parteipolitisch motivierten
schulorganisatorischen und Lehrplan-Änderungen geführt, aber zu keinem fachlichinhaltlichen
oder pädagogisch-didaktischen Kurswechsel. Die Folgen: Es gibt heute
kein deutsches Schulsystem, sondern nur ein Durcheinander in ihm, und in keinem
anderen vergleichbaren Land entscheidet der soziale Status so vorrangig über den
Bildungserfolg (1.6.);
-4. Abzuwarten bleibt, ob es der für Deutschland charakteristischen
Bildungsbürokratie/Schulaufsicht gelingt, Terrain und Zeit zurück zu gewinnen: durch
Kommissionen, Berichte, Expertenbefragungen, interne und externe Gutachten,
Erlasse, Verordnungen, "Inspektoren", reglementierte Evaluierungen. Dann dürfte es
letztendlich wie bisher weitgehend beim Alten bleiben − von der doppelten Zeche
214 In NRW sind im November 2003 schon 235 offene Ganztagsgrundschulen an den Start gegangen;
allerdings überwertet Schulministerin Ute Schäfer (SPD) m. E. die Zielsetzung, "die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf zu verbessern und gleichzeitig für Kinder ein attraktives Angebot in den Schulen
einzurichten, mit dem ihre Fähigkeiten besser entwickelt und gefördert werden können". (GA-Interview
im General-Anzeiger vom 7. November 2003. Seite 5.) Ihre Kollegin Doris Ahnen (SPD), seit Januar
2004 KMK-Vorsitzende, sieht dagegen das "Geheimnis des Erfolges" der Ganztagsschulen in
Rheinland-Pfalz in ihrer "Freiheit" und "Selbstständigkeit", die zugleich auch vergleichbare Standards
und regelmäßige Überprüfung erfordern; vgl. GA-Interview vom 9. Januar 2004. Seite 3. Stephan
Lüke: Die Ganztagsschule trägt ihre Handschrift; "In 20 Jahren ist die Ganztagsschule die Regel". In:
General-Anzeiger vom 3./4. Januar und vom 9. Februar 2004. Jeweils Seite 5.
Anfang September 2004 gibt es in NRW 641 Ganztagsschulen und dazu 703 mit Ganztagsangeboten;
vgl. dazu und die Übersicht über die einzelnen Bundesländer in: DIE ZEIT Nr. 39 vom 16. September
2004. Seite 83 (Jan Friedmann: Ganz ist nicht genug. Vor zwei Jahren startete die Bundesregierung
ihre Kampagne für Ganztagsschulen. Was ist daraus geworden? Eine Zwischenbilanz ).
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