Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Ergebnisse<br />
6.3.1.5 Intrafamiliärer Vergleich <strong>de</strong>r Phänomenologie von Ticstörungen<br />
Im Ver<strong>la</strong>uf <strong>de</strong>r <strong>Familienuntersuchung</strong>en gewann die Untersucherin wie<strong>de</strong>rholt <strong>de</strong>n<br />
Eindruck, dass die Ticsymptomatik unter <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen betroffenen Angehörigen einer<br />
Familie eine <strong>zum</strong> Teil nicht unerhebliche Ähnlichkeit zeigte. Vielfach wiesen bereits die<br />
Familienmitglie<strong>de</strong>r selbst im Rahmen <strong>de</strong>s gemeinsamen Interviews auf gewisse Parallelen hin.<br />
So waren folgen<strong>de</strong> Aussagen: "Das hab´ ich als Kind ganz genauso gemacht."......."Der<br />
schnei<strong>de</strong>t absolut die gleichen Grimassen wie mein Bru<strong>de</strong>r als er jung war; die bei<strong>de</strong>n ähneln<br />
sich auch im Charakter!"............"Meine Brü<strong>de</strong>r klingen bei<strong>de</strong> vom Tonfall genau gleich, wenn<br />
die sich vor <strong>de</strong>r Tür einräuspern, können Sie sie nicht unterschei<strong>de</strong>n.".... keine Seltenheit.<br />
Auf solche Ähnlichkeiten haben bereits ELDDRIDGE und Mitarbeiter (1977) in einer frühen<br />
Arbeit hingewiesen. Sie fan<strong>de</strong>n bei immerhin sieben ihrer insgesamt 21 Patienten <strong>de</strong>utliche<br />
intrafamiliäre Ähnlichkeiten in Bezug auf die Ticsymptomatik. HAJAL & LEACH (1981)<br />
machten in einer weiteren Familie ähnliche Beobachtungen. Sie interpretierten diese Phänomene<br />
jedoch als ein <strong>Tourette</strong>-typisches Imitationsverhalten im Sinne einer Echo<strong>la</strong>lie beziehungsweise<br />
Echopraxie, was letztlich auch <strong>de</strong>r Grund dafür sein mag, dass <strong>de</strong>rartige Beobachtungen in<br />
Fachkreisen bis<strong>la</strong>ng keinerlei Beachtung gefun<strong>de</strong>n haben.<br />
In <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Untersucherin persönlich befragten 52 Familien wiesen insgesamt neun Familien<br />
g<strong>la</strong>ubhafte intrafamiliäre Ähnlichkeiten hinsichtlich <strong>de</strong>r Ticphänomenologie auf. Die<br />
Symptomatik <strong>de</strong>r jeweils betroffenen Familienmitglie<strong>de</strong>r ist in Tabelle 24 dargestellt. Es wird<br />
ersichtlich, dass bis auf eine Ausnahme immer <strong>de</strong>r In<strong>de</strong>xpatient von <strong>de</strong>n meisten Tics betroffen<br />
war und neben <strong>de</strong>n "charakteristischen Familientics", die sich vereinzelt wie ein roter Fa<strong>de</strong>n<br />
durch mehrere Generationen zogen, noch weitere Tics aufwies.<br />
Nicht in allen dargestellten Fällen ließ sich allerdings sicher ausschließen, dass die aufgezeigten<br />
Parallelen in Bezug auf die Ticsymptomatik ursächlich nicht auf Imitationsverhalten innerhalb<br />
<strong>de</strong>r einzelnen Familien o<strong>de</strong>r auf ein zufallsbedingtes Zusammentreffen einzelner Tics<br />
zurückzuführen sind. Gegen eine solche Vermutung sprechen jedoch die <strong>zum</strong> Teil sehr<br />
spezifischen und komplexen Bewegungsabläufe sowie die Tatsache, dass <strong>de</strong>r "Initiator" die Tics<br />
häufig schon abgelegt hatte bevor <strong>de</strong>r vermeintliche "Imitator" sie hätte nachahmen können. Eine<br />
Interviewsituation, die nachfolgend auszugsweise wie<strong>de</strong>rgegeben wur<strong>de</strong>, macht gera<strong>de</strong> diesen<br />
letzten Punkt <strong>de</strong>utlich:<br />
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