Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Diskussion<br />
Zu 1: In <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Studie erfolgte die Untersuchung <strong>de</strong>r Proban<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r Angehörigen<br />
mit <strong>de</strong>r übersetzten Version <strong>de</strong>s "Child or Adult Schedule for <strong>Tourette</strong> and other<br />
Behavioral Disor<strong>de</strong>rs" (STOBS; PAULS & HURST, 1987), einem standardisierten, semistrukturierten<br />
Interview, das speziell zur Durchführung von <strong>Familienuntersuchung</strong>en <strong>zum</strong><br />
<strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> entwickelt wur<strong>de</strong>. Bereits extensiv in früheren Familien- und Kopplungsstudien<br />
(PAULS & LECKMAN, 1986; PAULS et al., 1990, 1991; WALKUP et al., 1996)<br />
benutzt, ist es in Fachkreisen allgemein anerkannt. Die Ergebnisse an<strong>de</strong>rer <strong>Familienuntersuchung</strong>en<br />
(COMINGS & COMINGS, 1984, 1987) basieren auf <strong>de</strong>m "Diagnostic<br />
Interview Schedule" (DIS; ROBINS et al., 1981). Dieses ursprünglich als strukturiertes<br />
Interview konzipierte Instrument wur<strong>de</strong> allerdings in <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Studien vor<br />
Anwendung erheblich modifiziert und zu<strong>de</strong>m als sogenannter "self-report"-Fragebogen<br />
eingesetzt; es ist in dieser modifizierten Version bis<strong>la</strong>ng nicht einheitlich als vali<strong>de</strong> und reliabel<br />
anerkannt (PAULS et al., 1988). Einige Arbeiten - bevorzugt <strong>de</strong>r älteren aber auch <strong>de</strong>r jüngeren<br />
Literatur - beinhalten nur unpräzise Informationen <strong>zum</strong> Instrumentarium (ELDRIDGE et al.,<br />
1977; EAPEN et al, 1993).<br />
Zu 2: Dem Untersuchungssetting kommt im Rahmen von <strong>Familienuntersuchung</strong>en eine<br />
wesentliche, wenn nicht sogar entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung zu. Kritisch hinterfragt wer<strong>de</strong>n muss in<br />
diesem Zusammenhang sowohl die Herkunft <strong>de</strong>r ermittelten Familiendaten wie auch die Art und<br />
Weise <strong>de</strong>r Informationserhebung. Die Mehrzahl vorangegangener Familienstudien <strong>zum</strong><br />
<strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> bediente sich <strong>de</strong>r sogenannten "family-history-Metho<strong>de</strong>": Diagnosen unter<br />
Ange-hörigen basieren nach dieser Metho<strong>de</strong> ausschließlich auf Aussagen und Berichten eines<br />
einzelnen o<strong>de</strong>r einiger weniger Informanten; in <strong>de</strong>r Regel war dies entwe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Proband selbst<br />
und/o<strong>de</strong>r seine Eltern. <strong>Familienuntersuchung</strong>en an <strong>de</strong>pressiven Patienten und an<strong>de</strong>ren<br />
Kollektiven belegen dagegen seit längerem, daß Befun<strong>de</strong> aus sogenannten "family history"-<br />
Studien eine geringere Reliabilität aufweisen als solche, die im Rahmen eines persönlichen<br />
Interviews gewonnen wur<strong>de</strong>n. Ihren Ergebnissen zufolge führen die mit dieser Metho<strong>de</strong>n<br />
ermittelten Daten zu einer Unterschätzung <strong>de</strong>s familiären Erkrankungsrisikos (ORVASCHEL et<br />
al., 1982; ANDREASEN et al., 1977; KURLAN et al., 1994). Dieselbe Beobachtung machten<br />
auch PAULS et al. (1981, 1984). Erstgradige Angehörige eines <strong>Tourette</strong>-Proban<strong>de</strong>n fan<strong>de</strong>n sich<br />
mittels <strong>de</strong>r persönlichen Interviewtechnik fünf mal so oft von einem <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> betroffen<br />
wie in einer früheren "family-history"-Studie. Nunmehr 60% statt 26% <strong>de</strong>r Proban<strong>de</strong>n wiesen<br />
ein Elternteil mit einer klinisch relevanten Ticstörung auf (TS, CT).<br />
Eine wichtige Rolle spielt zu<strong>de</strong>m die Art und Weise <strong>de</strong>r Datenerhebung. Ein Vergleich mit<br />
Studien, die ihre Informationen allein durch telefonische Befragungen o<strong>de</strong>r versandte Fragebögen<br />
(KIDD et al., 1980; PRICE et al., 1985) und nicht im direkten "face-to-face"-Interview<br />
er<strong>la</strong>ngten, ist sicherlich nur eingeschränkt gegeben. Bedingt durch verschie<strong>de</strong>ne Faktoren ist hier<br />
mit einer Verzerrung <strong>de</strong>r Ergebnisse zu rechnen. Erfahrungsgemäß neigen gera<strong>de</strong> jugendliche<br />
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