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Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)

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Aktueller Forschungsstand<br />

Auch meiner Einschätzung nach ist die diagnostische Entität "Zwangsphänomene" kritisch zu<br />

beurteilen: Nach <strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit international gültigen Kriterien (DSM IV) können zwanghafte Verhaltensweisen<br />

primär zwei diagnostischen Kategorien zugeordnet wer<strong>de</strong>n: Zwangsstörungen<br />

(obsessive-compulsive disor<strong>de</strong>r, OCD) und zwanghaften Persönlichkeitsstörungen (obsessivecompulsive<br />

personality disor<strong>de</strong>r, OCPD). Ritualisierte beziehungsweise zwanghafte Gedanken<br />

o<strong>de</strong>r Handlungen, die das normale Maß überschreiten, jedoch nicht die zur Diagnosestellung<br />

OCD o<strong>de</strong>r OCPD notwendigen Kriterien erfüllen, wer<strong>de</strong>n gegenwärtig allgemein als sogenannte<br />

"Zwangsphänomene" (obsessive-compulsive symptoms o<strong>de</strong>r behavior, OCS/OCB) subk<strong>la</strong>ssifiziert.<br />

Es han<strong>de</strong>lt sich hierbei um eine willkürlich geschaffene Restkategorie, die keinen<br />

einheitlichen Diagnosekriterien unterliegt. Die Übergänge <strong>de</strong>rartiger Phänomene zu leichteren<br />

Formen einer Zwangsstörung o<strong>de</strong>r einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung sind häufig<br />

fließend. Eine ein<strong>de</strong>utige diagnostische Zuordnung ist in Ermangelung k<strong>la</strong>r <strong>de</strong>finierter Grenzen<br />

unter Umstän<strong>de</strong>n schwierig. Dies gilt insbeson<strong>de</strong>re bei Vorliegen weiterer psychiatrischer<br />

Auffälligkeiten (z.B. Depressivität, autistische Verhaltensweisen etc.).<br />

2.8.5.2 Zwillingsuntersuchungen<br />

Hinweise auf die ätiologische Be<strong>de</strong>utung genetischer Faktoren beim <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />

stammen neben einer Reihe von kasuistischen Zwillingsbeobachtungen insbeson<strong>de</strong>re aus<br />

systematischen Untersuchungen an ein- und zweieiigen Zwillingen (WASSMAN et al., 1978;<br />

SHAPIRO et al., 1978; JENKINS & ASHBY, 1983, WASERMAN et al., 1983; VIEREGGE,<br />

1987; HYDE et al. 1992). PRICE und Mitarbeiter veröffentlichten 1985 einen Bericht, in <strong>de</strong>m<br />

sie Konkordanzraten von 30 monozygoten und 13 dizygoten Zwillingen verglichen. Das<br />

Zwillingskollektiv wur<strong>de</strong> durch Anfragen bei <strong>de</strong>r <strong>Tourette</strong>-Selbsthilfegruppe in Nordamerika<br />

gewonnen und ist somit allerdings nicht auslesefrei erfasst. Die per Telefoninterview<br />

gewonnenen Daten dieser Studie ergaben Konkordanzraten für das <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> von 53%<br />

bei monozygoten und 8% bei dizygoten Paaren. Eine Erweiterung <strong>de</strong>r diagnostischen Kriterien<br />

um jegliche Arten von Tics beim Ko-Zwilling erhöhte die Konkordanzraten in einer späteren<br />

Ver<strong>la</strong>ufsuntersuchung bei Verwendung einer direkten Interviewtechnik sogar auf 77 bis 100%<br />

für monozygote bzw. 23% für dizygote Zwillinge (PRICE, 1985). Dieser Befund unterstreicht<br />

das Vorhan<strong>de</strong>nsein von genetischen, aber auch nicht-genetischen Einflussfaktoren in Hinblick<br />

auf die Ätiologie und phänotypische Ausprägung von Ticstörungen. Er veranschaulicht aber<br />

auch die Be<strong>de</strong>utung einer k<strong>la</strong>ren Phänotyp<strong>de</strong>finition sowie <strong>de</strong>n Stellenwert eines sorgfältigen<br />

"face-to-face"-Interviews hinsichtlich einer bestmöglichen Einschätzung <strong>de</strong>r<br />

Erkrankungsinzi<strong>de</strong>nz.<br />

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