Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Zusammenfassung<br />
8. Zusammenfassung<br />
Das <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> ist eine neuropsychiatrische Erkrankung, kommt in je<strong>de</strong>m Volk<br />
vor, verschont keine Gesellschaftsschicht und fällt <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r die Symptome kennt, sofort ins<br />
Auge. Das Krankheitsbild ist durch motorische und vokale Tics charakterisiert, tritt bevorzugt im<br />
Grundschu<strong>la</strong>lter, per <strong>de</strong>finitionem (DSM IV, APA 1994) zwingend vor <strong>de</strong>m 18. Lebensjahr und<br />
über die Dauer von min<strong>de</strong>stens einem Jahr auf und variiert im zeitlichen Ver<strong>la</strong>uf typischerweise<br />
in Intensität, Lokalisation und Art <strong>de</strong>r Symptomatik. Betroffene sind über-wiegend Knaben<br />
beziehungsweise Jugendliche o<strong>de</strong>r junge Erwachsene männlichen Geschlechts. Nicht immer ist<br />
ihnen ihre Symptomatik bewusst. Manche Betroffene erscheinen trotz ihrer Tics unbe<strong>la</strong>stet und<br />
sorglos mit Hang zu eigenartigen, oft witzigen Assoziationen, an<strong>de</strong>re eher zurückhaltendgehemmt,<br />
wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re extrem provozierend, also ob sie permanent die Grenzen sozialer<br />
Akzeptanz testen wollen. In schweren Fällen führt die Erkrankung oftmals zu erheblicher<br />
psychosozialer Beeinträchtigung. Gera<strong>de</strong> bei diesen Personen fin<strong>de</strong>n sich zusätzlich gehäuft<br />
weitere psychiatrische Störungen (ROBERTSON, 2000). Mit ca. 1/10.000 bei Männern und<br />
1/30.000 bei Frauen ist diese schwere Form <strong>de</strong>s <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong>s re<strong>la</strong>tiv selten, während für<br />
leichtere Formen heutzutage Prävalenzraten von bis zu 1% diskutiert wer<strong>de</strong>n (HEBEBRAND,<br />
1998; ROBERTSON, 2000).<br />
Bereits <strong>de</strong>r Erstbeschreiber <strong>de</strong>s <strong>Syndrom</strong>s, Georges <strong>Gilles</strong> <strong>de</strong> <strong>la</strong> <strong>Tourette</strong>, ging bei beobachteter<br />
familiärer Häufung <strong>de</strong>r von ihm beschriebenen Fälle im Jahre 1885 von hereditären Einflüssen<br />
aus. Mit Aufkommen <strong>de</strong>r Psychoanalyse geriet diese Beobachtung in Vergessenheit, erst in <strong>de</strong>n<br />
60er Jahren mit <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r therapeutischen Wirksamkeit <strong>de</strong>s Haloperidols fasste die<br />
biologisch orientierte Forschung Fuß. Erste <strong>Familienuntersuchung</strong>en zeigten, dass sowohl das<br />
<strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> selbst als auch chronische Ticstörungen in Familien von In<strong>de</strong>xpatienten<br />
vorkommen. Man ging zunächst von einem polygenen Erbgang aus, favorisierte in <strong>de</strong>n letzten<br />
zehn Jahren dann einen autosomal-dominanten Erbgang, wobei eine variable Expressivität <strong>de</strong>s<br />
putativen <strong>Tourette</strong>-Gens angenommen wur<strong>de</strong>n (PAULS et al., 1981, 1986). Neuere Befun<strong>de</strong><br />
sprechen jedoch eher gegen diese Annahme (HASSTEDT et al., 1995; WALKUP et al., 1996).<br />
Moleku<strong>la</strong>rgenetische Untersuchungen haben sich bis<strong>la</strong>ng vorangig auf Kandidatengene <strong>de</strong>s<br />
domaninergen Systems konzentriert, aber keine ein<strong>de</strong>utigen Ergebnisse erzielen können. Ein<br />
systematischer Genomscan unter Heranziehung von Familien mit betroffenen Geschwisterpaaren<br />
ergab zwei Regionen (4q, 8p), die auf eine mögliche Kopplung hin<strong>de</strong>uten (TOURETTE<br />
SYNDROME ASSOCIATION INTERNATIONAL CONSORTIUM FOR GENETICS,<br />
1999).<br />
Um weitere Aufschlüsse über die genetischen Hintergrün<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>Gilles</strong> <strong>de</strong> <strong>la</strong> <strong>Tourette</strong> <strong>Syndrom</strong>s<br />
zu gewinnen, erfolgten im Rahmen <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Studie <strong>Familienuntersuchung</strong>en bei ambu-<br />
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