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Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)

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Ergebnisse<br />

6.2.1.3 Klinisches Erscheinungsbild <strong>de</strong>r Ticsymptomatik<br />

Die Bandbreite <strong>de</strong>r Symptomatik, die in <strong>de</strong>r Stichprobe erhoben und/o<strong>de</strong>r beobachtet<br />

wur<strong>de</strong>, war vielfältig und spiegelte das in <strong>de</strong>r Literatur beschriebene Spektrum wie<strong>de</strong>r. Insgesamt<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n 78 In<strong>de</strong>xpatienten (o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Eltern) bis <strong>zum</strong> Zeitpunkt <strong>de</strong>r Erhebung 465<br />

motorische und 208 vokale Tics angegeben. Das entspricht einer durchschnittlichen kumu<strong>la</strong>tiven<br />

Anzahl von 5,85 (Standardabweichung: 2,97) motorischen und 3,25 (Standardabweichung: 1,69)<br />

vokalen Tics pro Person. In einem Fall traten über 18 verschie<strong>de</strong>ne Tics im Ver<strong>la</strong>ufe <strong>de</strong>r<br />

Erkrankung auf. Als bevorzugte Lokalisationsbereiche <strong>de</strong>r Tics wur<strong>de</strong>n das Gesicht sowie <strong>de</strong>r<br />

Kopf- und <strong>de</strong>r Nacken angegeben. Die häufigste klinische Erscheinungsform überhaupt stellte<br />

ein Augenzwinkern dar. Unter <strong>de</strong>n vokalen Phänomenen nahm ein Räuspern beziehungsweise<br />

Hüsteln die Spitzenstellung (55%) auf <strong>de</strong>r Häufigkeitsska<strong>la</strong> ein. Detailliertere Informationen zur<br />

Phänomenologie und Häufigkeit <strong>de</strong>r erfassten Ticsymptomatik enthalten die Tabellen 14 und<br />

15. Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n einfachen motorischen Tics wur<strong>de</strong>n die einfachen vokalen Tics mit<br />

Ausnahme <strong>de</strong>s Räusperns bzw. Hüstelns (s.o.) nicht differenziert in ihrer Häufigkeit erfasst. Da<br />

diese Lautphänomene stark individuell geprägt und infolge sehr mannigfaltig sind (siehe Tabelle<br />

15), erschien ein solches Vorgehen bei zu kleiner Fallzahl nicht sinnvoll.<br />

Komplexe motorische Bewegungen waren bei 46 (59%) <strong>de</strong>r Proban<strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>n<br />

beziehungsweise erinnerlich. Beschrieben wur<strong>de</strong>n komplizierte Gangmuster wie ein plötzliches<br />

In-die Hocke-Gehen o<strong>de</strong>r Herausstrecken <strong>de</strong>s Gesäßes beim Laufen, ein intermittieren<strong>de</strong>s Beinhochziehen,<br />

das Sch<strong>la</strong>gen <strong>de</strong>r Ferse an <strong>de</strong>n Oberschenkel o<strong>de</strong>r das Gesäß, ein unvermitteltes<br />

Hüpfen o<strong>de</strong>r Hochspringen, das Ausführen von Trippelschritten o<strong>de</strong>r aber ein abruptes<br />

Innehalten beim Gehen mit anschließen<strong>de</strong>m Rotieren um die eigene Achse. Viele Patienten<br />

fühlten sich zu<strong>de</strong>m innerlich dazu angetrieben, Objekte beziehungsweise Personen "anzutippen",<br />

zu beklopfen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rweitig zu berühren. Ein achtjähriger Junge kommentierte sein Verhalten<br />

mit <strong>de</strong>n Worten, er "müsse halt alles tackern, was schön ist". Ein an<strong>de</strong>rer Knabe fiel durch sein<br />

Bedürfnis auf, p<strong>la</strong>tt getretene Kaugummis von <strong>de</strong>r Straße abzukratzen und erneut zu kauen, ein<br />

zweiter dadurch, dass er Gläser zerbiß. Weitere Formen komplex-motorischer Tics waren das<br />

Nesteln und Zupfen an <strong>de</strong>r eigenen Kleidung, das Beriechen (o<strong>de</strong>r auch Belecken) <strong>de</strong>r eigenen<br />

Hän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r auch an<strong>de</strong>rer Gegenstän<strong>de</strong>, das Spielen an <strong>de</strong>n Geschlechtsteilen <strong>zum</strong> Teil<br />

verbun<strong>de</strong>n mit exhibitionistischen Handlungen o<strong>de</strong>r das Nachahmen von Handlungen an<strong>de</strong>rer<br />

Personen. In einem Fall wur<strong>de</strong>n Tierbewegungen (und auch Laute) imitiert. Tics mit<br />

selbstmuti<strong>la</strong>tivem Charakter wie Kopfsch<strong>la</strong>gen, Kratzen, Beißen (<strong>de</strong>r Lippen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer<br />

Körperteile), Vor-die-Wand-Treten o<strong>de</strong>r -Sch<strong>la</strong>gen o<strong>de</strong>r sich selbst ins Gesicht o<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>n<br />

Brustkorb sch<strong>la</strong>gen (bis hin zu Rippenfrakturen) fan<strong>de</strong>n sich bei insgesamt 11 (14%) <strong>de</strong>r<br />

In<strong>de</strong>xpatienten.<br />

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