Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Aktueller Forschungsstand<br />
Worte/Sätze). Darüber hinaus ließen sich zusätzliche Sprachabnormitäten wie atypisches<br />
Akzentuieren von Worten und/o<strong>de</strong>r ein nicht-flüssiger Sprachfluß in Form von Stottern o<strong>de</strong>r<br />
ungewöhnlichen Sprechpausen beobachten. Eine Kopro<strong>la</strong>lie, die bei weniger als ein Drittel aller<br />
Patienten auftritt, zeigte sich oft erst nach einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von vier<br />
bis sieben Jahren (BRUUN & BUDMAN, 1992).<br />
Eine Korre<strong>la</strong>tion zur Erkrankungsdauer bzw. <strong>zum</strong> Alter <strong>de</strong>s Betroffenen scheint auch für die im<br />
amerikanischen Sprachgebrauch als "premonitory urges" (sensorische Tics) bekannten<br />
Phänomene zu bestehen, die nach LECKMAN et al. (1992) von mehr als dreiviertel aller<br />
<strong>Tourette</strong>-Patienten wahrgenommen wer<strong>de</strong>n. Bezeichnet wer<strong>de</strong>n hiermit unangenehme innere<br />
Spannungszustän<strong>de</strong> bzw. mehr o<strong>de</strong>r weniger lokalisierte sensorische Missempfindungen, die<br />
vokalen wie motorischen, hier bevorzugt dystonen Tics unmittelbar vorausgehen können.<br />
Interessanterweise wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rartige Phänomene meist erst mehrere Jahre nach Einsetzen <strong>de</strong>r<br />
Ticsymptomatik wahrgenommen, von Kin<strong>de</strong>rn wer<strong>de</strong>n sie nur selten angegeben (JANKOVIC,<br />
1997).<br />
Wie oben aufgezeigt, unterliegen die Tics beim <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> spontanen Ver<strong>la</strong>ufsschwankungen.<br />
Darüber hinaus gibt es individuell recht unterschiedliche Faktoren, die die<br />
Ticsymptomatik allerdings meist eher kurzzeitig beeinflussen können. Verstärkend wirken sich<br />
oftmals psychische Be<strong>la</strong>stung, Freu<strong>de</strong>, Müdigkeit sowie Langeweile und insbeson<strong>de</strong>rs bei<br />
Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen das Fernsehen aus; prämenstrueller Streß und Stimu<strong>la</strong>ntien wie<br />
Coffein, Methylphenidat und Amphetamine können nachweislich ebenfalls zur Tic-Exazerbation<br />
führen (GOLDEN, 1977; POLLACK et al.,1977; LOWE et al., 1982). Darüber hinaus<br />
beobachtet man nicht selten, daß auch saisonal-bedingte allergische Reaktionen zu einer<br />
negativen Beeinflussung <strong>de</strong>r Symptomatik zu führen (RAPP, 1986; MANDELL, 1986;<br />
FINEGOLD, 1985).<br />
Ein vorübergehen<strong>de</strong>s Nach<strong>la</strong>ssen <strong>de</strong>r Symptomatik zeigt sich dagegen häufig unter nichtangstbesetzter<br />
Ablenkung und Konzentration, während <strong>de</strong>s Sch<strong>la</strong>fes und zu<strong>de</strong>m vereinzelt unter<br />
Alkoholeinfluss sowie im Rahmen fiebriger Infekte. Auch in sozialen Situationen – beispielsweise<br />
in <strong>de</strong>r Schule, am Arbeitsp<strong>la</strong>tz o<strong>de</strong>r während eines Arztbesuches können Tics u.U.<br />
aufgrund ihrer partiellen Unterdrückbarkeit kaum in Erscheinung treten. Sie fin<strong>de</strong>n sich dann<br />
aber im familiären Rahmen nicht selten um so ausgeprägter, eine Tatsache, die von Angehörigen<br />
als unverständlich und häufig als provokativ erlebt wird.<br />
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