Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Ergebnisse<br />
Bei Erstkontakt litt M. sehr stark unter ihren Tics, mehr noch aber unter <strong>de</strong>n dadurch<br />
bedingten Hänseleien wie z.B. "Schüttelbirne". Unter <strong>de</strong>r Ent<strong>la</strong>stung <strong>de</strong>r stationären Aufnahme<br />
reduzierte sich die Tics sichtlich. Ferner wur<strong>de</strong> mit M. als Entspannungsverfahren die Technik<br />
<strong>de</strong>r progressiven Muskelre<strong>la</strong>xation eingeübt, die sie hilfreich in angespannten Situationen<br />
einzusetzen lernte. Es fiel auf, daß M. in Zusammenhang mit <strong>de</strong>m Klinikunterricht, <strong>de</strong>n sie sehr<br />
unlustig anging, häufig über Kopfdruck k<strong>la</strong>gte. Eine zusätzliche medikamentöse Behandlung<br />
mit Orap verringerte die Ticsymptomatik nochmals <strong>de</strong>utlich und zeigte nach Abklingen <strong>de</strong>r<br />
initialen Müdigkeit zu<strong>de</strong>m einen stimmungsausgleichen<strong>de</strong>n Effekt. Beson<strong>de</strong>rs erleichtert<br />
erschien die Patientin dadurch, daß <strong>de</strong>r leibliche Vater ihre Tics bei Ent<strong>la</strong>ssung als Krankheit<br />
akzeptierte und ihr infolge mehr Verständnis entgegenbrachte.<br />
Kasuistik 3:<br />
In <strong>de</strong>r 3. Schwangerschaft mit D. war Frau K. sehr nervös und hektisch, hatte sie doch Angst<br />
davor, die Arbeit mit <strong>de</strong>n drei Kin<strong>de</strong>rn nicht zu schaffen. Die Geburt erfolgte komplikationslos<br />
<strong>zum</strong> errechneten Termin (*1978), D. war jedoch von Anfang an ein sehr unruhiger Säugling.<br />
Später, im Alter zwischen zwei und vier Jahren, hatte er praktisch täglich aus Wut o<strong>de</strong>r Ärger<br />
heraus mit <strong>de</strong>m Kopf auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n gesch<strong>la</strong>gen. Die Symptomatik war teilweise so schlimm,<br />
dass Röntgenaufnahmen <strong>zum</strong> Ausschluß einer Fraktur erfolgten. Im Kin<strong>de</strong>rgarten imponierte<br />
eine <strong>de</strong>utliche Trennungsangst, D. isolierte sich und hielt sich nicht an die Regeln.<br />
Nach Einschulung im Alter von 6 Jahren traten bei Linkshändigkeit erhebliche Probleme mit<br />
<strong>de</strong>r Schrift auf. Die Hausaufgaben wur<strong>de</strong>n meist <strong>de</strong>n ganzen Nachmittag über - teils mit<br />
erheblichem Wi<strong>de</strong>rwillen - einstudiert. D. wie<strong>de</strong>rholte das 3. Schuljahr, da er sich während <strong>de</strong>s<br />
Unterrichts praktisch abwesend verhielt. Er packte teilweise seinen Ranzen nicht aus, "man<br />
mußte ständig hinter ihm her sein, damit er seine Aufgaben erledigte". Zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r<br />
Vorstellung wie<strong>de</strong>rholte D. gera<strong>de</strong> die 7. Hauptschulk<strong>la</strong>sse. Bei ausgeprägtem Interesse für<br />
elektronische Geräte (Radios, Funkgeräte) beschrieb er Physik als das einzige Fach, das ihm<br />
Freu<strong>de</strong> bereite. In <strong>de</strong>r jetzigen K<strong>la</strong>sse gab es zu<strong>de</strong>m erhebliche Verhaltensschwierigkeiten: D.<br />
verweigerte die Mitarbeit, kooperierte nur mangelhaft, beschimpfte seine Mitschüler, benutzte<br />
obszöne Ausdrücke und versuchte die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, in<strong>de</strong>m er an<strong>de</strong>re<br />
nachäffte, herumkasperte o<strong>de</strong>r unaufgefor<strong>de</strong>rt im Unterricht sprach. Die Noten allerdings<br />
waren gut bis befriedigend. Aufgrund dieser Symptomatik waren die Eltern schon mehrfach<br />
von Seiten <strong>de</strong>r Schule angeschrieben wor<strong>de</strong>n, wobei ihnen zuletzt angekündigt wur<strong>de</strong>, daß man<br />
D. nicht bis <strong>zum</strong> Hauptschu<strong>la</strong>bschluß bringen könne.<br />
Auch im häuslichen Bereich war die Situation durch das provozieren<strong>de</strong> Verhalten<br />
gekennzeichnet. D. ärgerte seine Geschwister, benutzte dort ebenfalls die obszöne Sprache;<br />
ließ sich nichts sagen. In letzter Zeit hatte er Gegenstän<strong>de</strong> von Familienangehörigen entwen<strong>de</strong>t<br />
und z.T. auch zerstört. Bis jetzt war dieses Verhalten auswärts jedoch nicht aufgetreten.<br />
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