Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Aktueller Forschungsstand<br />
Kennzeichnend für das <strong>Gilles</strong> <strong>de</strong> <strong>la</strong> <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> ist die Kombination von motorischen und<br />
vokalen Tics, welche in <strong>de</strong>r Regel im frühen Kin<strong>de</strong>salter einsetzen und im Ver<strong>la</strong>uf <strong>de</strong>r<br />
Erkrankung typischerweise in Frequenz, Intensität, Lokalisation und Art variieren. Das<br />
Manifestationsalter <strong>de</strong>r Erkankung, das nach formalen Kriterien vor das 21. Lebensjahr datiert<br />
wird (DSM III-R), zeigt dabei einen <strong>de</strong>utlichen Gipfel zwischen <strong>de</strong>m 6. und 8. Lebensjahr. Bei<br />
96% aller <strong>Tourette</strong>-Patienten hat die Ticsymptomatik vor <strong>de</strong>m 11. Lebensjahr eingesetzt<br />
(ROBERTSON, 1989).<br />
Erste Symptome zeigen sich fast durchweg und am häufigsten proximal, in aller Regel erst<br />
später und seltener im distalen Körperbereich. So fin<strong>de</strong>t sich als "Einstiegs-Tic" in 50 -70%<br />
aller Fälle (REMSCHMIDT & HEBEBRAND, 1993) ein Blinzeln o<strong>de</strong>r Zwinkern, <strong>de</strong>m sich im<br />
Ver<strong>la</strong>uf häufig weitere Tics im Gesichtsbereich anschließen. Mit zunehmen<strong>de</strong>m Alter kann die<br />
Symptomatik auch Hals-, Schultergürtelbereich, Rumpf und Extremitäten betreffen (siehe<br />
Abbildung 1). Nicht selten löst dabei ein Tic <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren ab. Insgesamt scheinen die<br />
Bewegungsmuster im Ver<strong>la</strong>uf <strong>de</strong>r Erkrankung vielfach an Komplexität zuzunehmen. Bizarre<br />
Handbewegungen (62%), das Berühren bzw. Beriechen von Körperteilen o<strong>de</strong>r Gegenstän<strong>de</strong>n<br />
(22-61%) sowie kompliziert erscheinen<strong>de</strong> Gangmuster sind neben an<strong>de</strong>ren Phänomenen als<br />
häufige komplex-motorische Tics beschrieben wor<strong>de</strong>n (CAINE et al., 1988; ROBERTSON,<br />
1989; STALEY, 1997). Daneben können sich aber auch motorische Entäußerungen von selbstverletzen<strong>de</strong>m<br />
Charakter - bevorzugt in Form von ticartigem Kopfsch<strong>la</strong>gen bzw. Beißen und<br />
Sch<strong>la</strong>gen eigener Körperteile - manifestieren. Die in <strong>de</strong>r Literatur angegebenen Häufigkeiten für<br />
autoaggressive Verhaltensweisen schwanken zwischen 7 und 48% (NEE et al., 1980; STEFL et<br />
al., 1984; BRUUN, 1988, ROBERTSON et al., 1989). Bei einigen Patienten (15-20%) treten in<br />
Verbindung mit <strong>de</strong>r Ticsymptomatik zusätzlich Schmerzzustän<strong>de</strong> auf (LANG, 1992). Diese<br />
muskulären, neuronalen o<strong>de</strong>r auch die Gelenke betreffen<strong>de</strong>n Beschwer<strong>de</strong>n sind am häufigsten<br />
auf exzessive Muskelkontraktionen bei chronischer Über<strong>la</strong>stung zurückzuführen. Einige<br />
Autoren (KURLAN et al., 1996; COHEN & LECKMAN, 1992) beschreiben bei <strong>Tourette</strong>-<br />
Patienten einen auffälligen Drang zur Ausführung sogenannter NOSI`s, gemeint sind hiermit<br />
nicht-obzöne, aber <strong>de</strong>nnoch sozial unangemessene Verhaltensweisen in Form beleidigen<strong>de</strong>r<br />
(30%) o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer sozial inadäquater (26%) Bemerkungen und/o<strong>de</strong>r Handlungen (22%).<br />
Vokale Tics setzen in aller Regel ein bis zwei Jahre später als motorische ein, können diesen<br />
aber auch gelegentlich - in etwa 13% aller Fälle - vorausgehen (BRUUN & BUDMAN, 1992).<br />
Ein Räuspern bzw. Hüsteln wur<strong>de</strong> als die häufigste Vokalisation beschrieben. Mit zunehmen<strong>de</strong>r<br />
Erkrankungsdauer steigt auch die Auftretenshäufigkeit komplex-vokaler Phänomene. So fan<strong>de</strong>n<br />
Untersucher bei 43 Prozent <strong>de</strong>r Betroffenen eine Echo<strong>la</strong>lie (Wie<strong>de</strong>rholen bzw. Imitieren von<br />
Worten/Sätzen an<strong>de</strong>rer Personen) und bei bis zu 15% eine Pali<strong>la</strong>lie (Wie<strong>de</strong>rholen eigener<br />
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