Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Aktueller Forschungsstand<br />
soll ein <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> allerdings unter <strong>de</strong>r schwarzen Bevölkerung seltener auftreten<br />
(SHAPIRO et al., 1978; ERENBERG et al., 1987).<br />
2.3 Klinisches Bild<br />
Die Zugehörigkeit zur Gruppe <strong>de</strong>r Ticstörungen impliziert bereits, dass Tics das<br />
hervorstechen<strong>de</strong> Merkmal <strong>de</strong>s <strong>Gilles</strong> <strong>de</strong> <strong>la</strong> <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> sind. Tics treten als unwillkürliche<br />
Bewegungen o<strong>de</strong>r vokale/verbale Lautäußerungen auf, sind plötzlich einschießend, kurzdauernd,<br />
unerwartet und stereotyp wie<strong>de</strong>rkehrend und erscheinen in zeitlich unregelmäßiger Folge.<br />
Obwohl sinnvollen Handlungen häufig sehr ähnlich, dienen Tics <strong>de</strong>nnoch keinem willentlich<br />
vorbestimmten Zweck. Sie wer<strong>de</strong>n allgemein als nicht willkürlich beeinflußbar o<strong>de</strong>r<br />
unwi<strong>de</strong>rstehbar erlebt, können jedoch im scheinbaren Gegensatz dazu von vielen Betroffenen<br />
<strong>zum</strong>in<strong>de</strong>st partiell für Sekun<strong>de</strong>n bis Stun<strong>de</strong>n unterdrückt wer<strong>de</strong>n. Das phänotypische<br />
Erscheinungsbild von Tics - sowohl <strong>de</strong>r motorischen, d.h. mit Bewegung einhergehen<strong>de</strong>n Tics,<br />
als auch <strong>de</strong>r vokalen - ist außeror<strong>de</strong>ntlich vielfältig. Im Grun<strong>de</strong> kann ein Tic je<strong>de</strong> Art von<br />
Bewegung bzw. Lautäußerung wi<strong>de</strong>rspiegeln, die <strong>de</strong>r Körper auszuführen bzw. zu produzieren<br />
in <strong>de</strong>r Lage ist. Zur besseren Überschaubarkeit ist man dazu übergegangen, Tics nicht nur in<br />
motorische und vokale Phänomene (siehe Tabelle 3 und 4) zu unterteilen, son<strong>de</strong>rn zusätzlich<br />
hinsichtlich ihrer Komplexität zu beurteilen und entsprechend als entwe<strong>de</strong>r einfach o<strong>de</strong>r<br />
komplex zu k<strong>la</strong>ssifizieren.<br />
Motorische Tics: Einfache motorische Tics, die sich weiter in klonische (kurzdauernd) und<br />
dystonische (mit <strong>la</strong>ngsamerem Erscheinungsbild und kurzfristig abnormer Haltung) unterteilen<br />
<strong>la</strong>ssen, betreffen in <strong>de</strong>r Regel eine Muskelgruppe und erscheinen sinnlos und unbeabsichtigt;<br />
komplexe motorische Tics sind im Vergleich dazu in ihrem Ab<strong>la</strong>uf <strong>la</strong>ngsamer, wirken in ihrem<br />
Erscheinungsbild eher einem Ziel zugeordnet. Vielen Betroffenen gelingt es im Ver<strong>la</strong>uf <strong>de</strong>r<br />
Krankheit die motorische Ticsymptomatik in willkürlich anmuten<strong>de</strong> Bewegungsabläufe<br />
einzubauen (REMSCHMIDT & HEBEBRAND, 1993).<br />
Vokale Tics: Einfache vokale Tics äußern sich im plötzlichen Ausstoßen sinnloser Laute,<br />
während komplexe vokale Tics durch das Hervorbringen umfangreicher Lautkomplexe<br />
charakterisiert sind, die mehr sinnvollen vokalen Äußerungen entsprechen. Gelegentlich haben<br />
diese Äußerungen auch einen obszönen Charakter; man spricht dann von einer Kopro<strong>la</strong>lie. Ist<br />
diese nur leicht ausgeprägt, bleiben die unflätigen Ausdrücke auf Erregungssituationen<br />
beschränkt, in schweren Fällen hingegen kann kaum ein Satz ohne eine ausgestoßene Obszönität<br />
über die Lippen gebracht wer<strong>de</strong>n. Die Lautstärke eines vokalen Tics kann erheblich sein und<br />
sich <strong>de</strong>shalb sozial stark beeinträchtigend auswirken (REMSCHMIDT & HEBEBRAND,<br />
1993).<br />
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