Familienuntersuchung zum Gilles de la Tourette-Syndrom (pdf)
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Aktueller Forschungsstand<br />
2.4.2 Soziale Verhaltensauffälligkeiten<br />
Über antisoziales und aggressives Verhalten sowie eine unangemessene sexuelle<br />
Aktivität wur<strong>de</strong> bei Patienten mit einem <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> wie<strong>de</strong>rholt berichtet (MOLDOFSKY<br />
et al., 1974; ROBERTSON et al., 1988). 45% <strong>de</strong>r Betroffenen zeigen nach COMINGS &<br />
COMINGS (1987) Disziplinprobleme, welche nicht zuletzt im familiären Rahmen ein häufig<br />
wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>s Thema darstellen. Die Häufigkeitsangaben für aggressives Verhalten (Ärger,<br />
Wut, Gewalt, Zerstörung) <strong>la</strong>gen in einer holländischen Stichprobe (VAN DE WETERING et al.,<br />
1988) bei 21 %, in einer britischen Stichprobe (ROBERTSON et al., 1988) sogar bei 31%.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re solche Patienten mit einer hyperaktiven Symptomatik fielen durch ein erhöhtes<br />
Maß an Gewaltausübung auf. Exhibitionismus - im leichten Ausmaß (Grad 1) als sexuelles<br />
Berühren <strong>de</strong>r eigenen Person o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Personen <strong>de</strong>finiert - , tritt nach COMINGS &<br />
COMINGS (1987) bei 6% <strong>de</strong>r weiblichen und 16% <strong>de</strong>r männlichen Betroffenen auf. BRUUN<br />
(1988) wies auf K<strong>la</strong>ssifikationsprobleme hin, kann das Phänomen <strong>de</strong>s "Berührens" doch<br />
sowohl als unangemessenes sexuelles Verhalten, wie ebenso als Tic, Zwangshandlung o<strong>de</strong>r<br />
Kopropraxie (obszöne Gesten) "ge<strong>de</strong>utet" wer<strong>de</strong>n. ROBERTSON (1989) äußerte basierend auf<br />
eigenen klinischen Erfahrungen und <strong>Familienuntersuchung</strong>en die Vermutung, dass bisherige<br />
Ergebnisse über ein vermehrtes Auftreten von Sozialverhaltensstörungen unter <strong>Tourette</strong>-<br />
Patienten, möglicherweise aus einem Rekrutierungsfehler resultieren. So sei anzunehmen, dass<br />
gera<strong>de</strong> sozial unangepasstes Verhalten viele Eltern dazu veran<strong>la</strong>sse, sich fachkompetente Hilfe zu<br />
suchen.<br />
2.4.3 Lern- und Teilleistungsstörungen<br />
Etwa zwei Drittel aller betroffenen Kin<strong>de</strong>r haben Schwierigkeiten in <strong>de</strong>r Schule, davon<br />
wie<strong>de</strong>rum die Hälfte ernstzunehmen<strong>de</strong> Leistungsstörungen (BURD & KERBESHIAN, 1992;<br />
SINGER & WALKUP, 1991). Diese Schulleistungsschwierigkeiten sind weniger die Folge<br />
ausgeprägter Lernstörungen o<strong>de</strong>r einer vermin<strong>de</strong>rten Intelligenzleistung, letztere liegt in <strong>de</strong>r<br />
Regel im Normalbereich. Sie resultieren vielmehr aus <strong>de</strong>n in Verbindung mit einem<br />
hyperkinetischen <strong>Syndrom</strong> bekannten Defiziten wie einer vermehrten Ablenkbarkeit,<br />
vermin<strong>de</strong>rten Beharrlichkeit bzw. aus Schwierigkeiten, sich selbst und die eigene Arbeit<br />
ausreichend strukturiert zu halten. Überproportional hoch erscheint unter Kin<strong>de</strong>rn mit einem<br />
<strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> allerdings <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>rer mit einer Beeinträchtigung <strong>de</strong>r visuomotorischen<br />
Koordinationsfähigkeit (GOLDEN, 1984). Probleme beim Schreiben, beispielsweise erkennbar<br />
an einer "krakeligen" Handschrift o<strong>de</strong>r die Tatsache, dass Texte oftmals nur mit Mühe und<br />
großem Zeitaufwand von <strong>de</strong>r Tafel o<strong>de</strong>r aus einem Buch ins Heft übertragen wer<strong>de</strong>n können,<br />
sind vielfach erste Anzeichen hierfür.<br />
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