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125 JahreSektion Gera (6,86 MB)

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unseres Proviants stärkten. Das Wetter<br />

begann sich inzwischen zu ändern. Die<br />

Stubaier waren in Wolken gehüllt und<br />

auch vom Zillertal war beinahe nichts zu<br />

sehen. „Da unten fl ießt der Bach“, sagte<br />

ich zu Schmölzer, „da hinunter müssen<br />

wir und der kleine grüne See muss uns<br />

dabei immer zur Rechten bleiben.“ Bald<br />

waren aber auch Bach und See im Nebel<br />

verschwunden. „Nebel ist gar schlecht“,<br />

sagte Schmölzer ahnungsvoll und ich<br />

konnte ihm nur beipfl ichten, doch sprach<br />

keiner von uns beiden etwa von Umkehr,<br />

die in diesem Falle besser gewesen wäre.<br />

6 Uhr 45 Minuten begannen wir den<br />

Abstieg in Richtung Zillertal. Dieser<br />

ist sehr steil und wir hielten uns nach<br />

rechts auf einem Schneefeld, gingen<br />

dann aber mehr links in die Felsen,<br />

wo es zwar beschwerlicher, dafür aber<br />

sicherer hinab ging. Weiter unten nach<br />

den steilen Partien orientierten wir<br />

uns wieder ziemlich weit nach rechts<br />

zu den Schrammacher-Wänden hin,<br />

da Schmölzer sich auf diesen, ihm von<br />

Heynichen gegebenen Ratschlag stützte.<br />

Auf dem nun plateauartigen Felsrücken<br />

zogen sich nach Osten zu mehrere tiefe<br />

Einschnitte steil hinab zum unteren<br />

Schrammacher Kar. Eine dieser Rinnen<br />

mussten wir zum Abstieg nutzen, doch<br />

alle vier Versuche schlugen fehl, weil<br />

die Wege ungangbar in steil abfallende<br />

Wände mündeten. Inzwischen hatte sich<br />

der Himmel ganz zugezogen, es begann<br />

zu regnen, die uns umgebenden Nebel<br />

wurden immer undurchdringlicher und<br />

zudem brach die Nacht herein. Noch<br />

einmal versuchten wir hinabzusteigen,<br />

gingen diesmal ziemlich weit links in<br />

eine Felsrinne und hofften schon, den<br />

Bach zu erreichen, der ganz in unserer<br />

Nähe tobte. Doch wiederum mussten<br />

wir an steilen plattigen Felswänden<br />

kapitulieren. Es war 9 Uhr am Abend<br />

und in Folge Nebel und Regen schon<br />

vollständige Nacht. Jetzt noch über<br />

die Scharte zurückzugehen wäre<br />

110<br />

ent schieden lebensgefährlich gewesen<br />

und so mussten wir einen Platz zum<br />

Biwak fi nden. In einer senkrechten<br />

Felswand entdeckten wir wirklich einen<br />

mannslangen etwa einhalb Meter hohen<br />

Einriss, aus dem nur noch einige Steine<br />

herauszuschaffen waren. Dann krochen<br />

wir auf allen Vieren hinein. Schmölzer<br />

lag hinten, ich vorn und so biwakierten<br />

wir denn, ich mit dem Rücken auf einer<br />

Felsplatte, mit dem Gesäß über einem<br />

Loch hängend, die ganze Nacht bis früh<br />

2 Uhr 30 Minuten. An Schlaf war natürlich<br />

nicht zu denken. Ein Gewitter nach<br />

dem anderen kam von den Zillertaler<br />

Bergen mit Blitz, Donner und Regen<br />

herüber. Zitternd vor Kälte nahmen wir<br />

früh 2 Uhr 30 Minuten unser weniges<br />

Gepäck auf und begannen noch in der<br />

Dunkelheit unseren Aufstieg langsam<br />

gegen die Alpeiner Scharte zu, da wir bei<br />

den ungünstigen Wetterbedingungen<br />

keine Lust hatten, noch weiterhin den<br />

Abstieg ins Zamser Tal zu suchen. Ein<br />

paar getrocknete Pfl aumen waren das<br />

einzige, was wir noch an Proviant zu uns<br />

nehmen konnten. Es hatte zwar aufgehört<br />

zu regnen, doch dick und schwer hingen<br />

die Wolken über uns. Nach eineinhalb<br />

Stunden Aufstieg begannen erst Regen<br />

und bald Schneefall. Um 5 Uhr waren<br />

wir bei heftigem Schneetreiben wieder<br />

oben auf der Scharte und begannen<br />

ohne Zeitverlust den Abstieg zur<br />

Alpeiner Ochsenhütte, die wir 6 Uhr<br />

30 Minuten völlig durchnässt erreichten.<br />

Wir trockneten uns an dem offenen<br />

Herdfeuer so gut es ging, stärkten uns<br />

durch eine Milchsuppe, die uns der<br />

Ochsner reichte und als dann Herr<br />

Pfarrer Böhnert und Heynichen aus<br />

ihrem Heustadel herbeikamen wo sie<br />

übernachtet hatten mussten wir wohl<br />

oder übel über unsere missglückte Tour<br />

berichten. 10 Uhr brachen wir bei immer<br />

noch schlechtem Wetter auf und gingen<br />

in das Tal nach Vals hinab.<br />

Ferdinand Oberlaender (1890)

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