125 JahreSektion Gera (6,86 MB)
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Die „High peaks“ der Tatra<br />
Eine lange Sache sollte steigen! Gerhard<br />
wollte hinauf zu den „High<br />
peaks“, zum Schwalbenturm und<br />
zur guten alten „Lomnitzer“.<br />
Uns gefi el die schöne Gratkante, die der<br />
Schwalbenturm bis in die Nähe der Hütte<br />
sandte. 600 Meter Kletterei. Dabei sah<br />
sie gar nicht so hoch aus. Laut Puskas<br />
eine IV. Sonst wussten wir nichts weiter.<br />
Das Wetter war klar und sonnig. Früh<br />
war leichter Frost. Leider lagen oben<br />
immer noch Schnee und Eis. So erschien<br />
uns der freistehende Grat, der sicher etwas<br />
trockener war, als das Günstigste,<br />
was sich bot.<br />
Über Schutt ging es zu einer Rinne, die<br />
wir ein Stück benutzen wollten. In der<br />
Rinne waren Westalpenverhältnisse.<br />
Wir merkten schnell, dass das Ganze<br />
kein Zuckerlecken werden würde.<br />
Karl-Heinz hatte Kopfschmerzen und<br />
fühlte sich nicht wohl. Er kehrte noch<br />
vor den Schwierigkeiten um. Wir, das<br />
heißt Gerhard, Dieter und ich, gingen<br />
zu dritt weiter. – Eine ungünstige Zahl.<br />
Zu spät merkten wir, dass Karl-Heinz<br />
Geld, Uhr und anderes mit hinunter<br />
genommen hatte, was uns noch Schwierigkeiten<br />
bereiten sollte. Die Tour auf den<br />
Schwalbengrat forderte Kondition und<br />
Orientierungsvermögen. Erst war es kein<br />
Grat, sondern ein Labyrinth von Kanten,<br />
Türmen und vereisten Mulden, dann<br />
waren wir endlich auf dem Grat, aber<br />
eine zermürbende Folge von schwierigen<br />
Türmen und Absätzen, die sich ins Unendliche<br />
aufzubäumen schien, forderte<br />
viel von uns. Immer wieder trösteten<br />
wir uns und vor allem unseren ziemlich<br />
angeschlagenen Dieter, dass dies nun der<br />
letzte Aufschwung sei. Doch kaum standen<br />
wir oben, war der nächste Emmes<br />
zu sehen, und wenn der neuerlich aufgekommene<br />
Nebel aufriss, der übernächste<br />
gleich dazu. Ja ja, 600 Höhenmeter und<br />
Reinhard Holbe<br />
viele Türme<br />
und Scharten!<br />
Ein dreifach<br />
Hoch unserem<br />
Gerhard und seiner Spür nase! Wie der<br />
mit nachtwandlerischer Sicherheit aus<br />
jeder Situation einen Aus weg fand, war<br />
sagenhaft. Der kletterte nasse vereiste<br />
Leisten hinan, die oben im Nichts endeten.<br />
Hoffnungslos. Ich hätte da keinen<br />
Finger gerührt. Er hangelte um Ecken,<br />
die verzweifelt aussahen. – Und fand<br />
jedes Mal den einzigen überhaupt möglichen<br />
Weg. Gerhard und Dieter machten<br />
eine Seilschaft, während ich, soweit es zu<br />
verantworten war, frei hinterher kletterte<br />
wegen der Zeitersparnis. Nur wenn es<br />
mal wieder brenzlig wurde, hängte ich<br />
mich ran. Aber nicht nur schwer, auch<br />
großartig war es. Was sich zwischen<br />
den Wolkenballen über die Wände an<br />
Tiefblicken auftat, gehört mit zu dem<br />
Gewaltigsten, was ich in der Tatra gesehen<br />
habe.<br />
Vom Schwalbenturm, den wir zu einer<br />
uns unbekannten Tageszeit erreichten,<br />
kletterten wir den Schwalbengrat entlang<br />
über verschiedene kleine Gipfelchen<br />
bis zur Mündung der Jordanschlucht, die<br />
uns ins Kohlbachtal gebracht hätte. Wehmütig<br />
dachten wir an unsere Pickel und<br />
Steigeisen, als wir die Schlucht sahen.<br />
Ohne diese war hier nämlich nichts zu<br />
machen. Wir mussten weiter zur Lomnitzer<br />
Spitze. Dazu kam jetzt, dass sich<br />
Dieter plötzlich zur Unzeit seines Selbsterhaltungstriebes<br />
besann und ohne Seil<br />
partout nicht mehr weiterging. Was<br />
halfs. Das mäßige Tempo ging wieder<br />
in das Schleichen einer Seilschaft über.<br />
Wir wurden des Kletterns langsam überdrüssig.<br />
Vor dem Gipfel der „Lomnitzer“<br />
kamen nochmals zwei Seillängen glasi-<br />
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