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125 JahreSektion Gera (6,86 MB)

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Unser Debüt im Hochgebirge –<br />

die Mengsdorfer Nordwand<br />

In den sechziger Jahren kamen<br />

wir auch ins Hochgebirge, 1961 in<br />

die polnische Tatra. Karl-Heinz,<br />

Caramello und ich. Für unser Debüt im<br />

Hochgebirge waren wir, glaube ich, recht<br />

gut. Dreimal die V, zweimal die IV und<br />

IIIer von Formaten, wie zum Beispiel<br />

die 1000-Meter-Wand an der Nordseite<br />

der Mengsdorfer Spitze. Hier mussten<br />

wir in anderen Dimensionen denken.<br />

Anfangs trauten uns die Jenaer, mit denen<br />

wir dort waren, sicher nicht viel zu.<br />

Ich musste ihnen von <strong>Gera</strong> bis Dresden<br />

klarmachen, dass die Theke bei Uhustein<br />

entgegen anders lautenden Gerüchten<br />

nur eine zweitrangige Rolle spielte. Aber<br />

das Gebirge, das wirkliche Gebirge, das<br />

Hochgebirge, war schon was anderes als<br />

die heimatlichen Felsen.<br />

Waren wir bis dahin Kletterer, so war<br />

das der erste Schritt zum Bergsteiger.<br />

Der Jurek meinte, die Nordwand der<br />

großen „Mengsdorfer“ sei eine schöne,<br />

lange Tour, eine III–, in sechs Stunden zu<br />

machen. Wenn wir uns so eine lange Sache<br />

zutrauten, nur zu! So unkompliziert<br />

hatten wir uns das Vorspiel nicht vorgestellt.<br />

Rückblickend möchte ich sagen,<br />

dass ich in der Tatra inzwischen Besseres<br />

geklettert habe. Der Fels war zum Teil<br />

brüchig. Es war schließlich eine Nordwand.<br />

Es war auch allerhand Gras im<br />

Wege. Die Schwierigkeiten waren nicht<br />

nennenswert. Aber trotzdem kann ich<br />

nicht umhin, zu gestehen, dass mir noch<br />

keine Wand je wieder so viel gegeben<br />

hat, wie damals die Durchsteigung dieses<br />

über 1000 Meter hohen Bergabsturzes.<br />

Es war die erste wirklich große Klettertour<br />

meines Lebens. In der Nacht vor<br />

der Tour konnte ich vor Aufregung nur<br />

schlecht schlafen. Wie würde das sein, in<br />

so einer Wand? Da es am Fischsee immer<br />

erst unalpin spät Frühstück gibt, kamen<br />

Manfred Gohlke<br />

wir erst gegen<br />

8 Uhr fort. Auf<br />

Grund alpiner<br />

Literatur war<br />

ich der Ansicht, es sei Wahnsinn, so spät<br />

zu beginnen. Trotz des schönen seidigblauen<br />

Spätsommerwetters! Karl-Heinz<br />

und Ca ra mello waren hingegen nicht aus<br />

der Ruhe zu bringen. Dafür wurde dann,<br />

als es losgegangen war, um den See herum<br />

und die lange Schutt- und Blockhalde<br />

hinauf ein Tempo vorgelegt, dass statt<br />

der wilden Umgebung nur noch Funken<br />

und Sterne zu sehen waren. Endlich,<br />

Hochgebirgsfels! Karl-Heinz erreichte<br />

als erster die große Rippe, welche hoch<br />

hinauf in ein kleines, in der Wand eingelagertes<br />

Firnkar führte. Die Wand war<br />

immer riesiger vor uns aufgewachsen.<br />

War sie von unten her noch zu übersehen,<br />

so verschoben sich jetzt die Perspektiven.<br />

Vom Einstieg weg 900 Meter Fels<br />

waren es. Der Koloss war von da nicht<br />

mehr zu überblicken. Die Wand hatte<br />

sich in Grate, Rinnen und wie es schien,<br />

in überhängende Bastionen zerteilt. Großer<br />

Gott, wie sollten wir uns da bloß zurechtfi<br />

nden? Über uns eine breite Rinne,<br />

wie ein übersteiles Tal. Wenn von da nun<br />

eine Steinlawine auf uns herniederfuhr?<br />

Ein teufl isches Kanonenrohr. Heute würde<br />

ich gar nicht mehr auf den Gedanken<br />

kommen. Steinfallrinnen sind vegetationslos<br />

und zerschlagen, da oben war’s<br />

grün. Damals besorgte uns das sehr, ein<br />

angenehmes Gruseln. Wir kletterten los.<br />

Die Schwierigkeiten waren, wie gesagt,<br />

nicht so, dass wir, die wir uns damals im<br />

Sandstein in ziemlich guter Form befanden,<br />

irgendwelchen Problemen ausgesetzt<br />

gewesen wären. Wir kletterten ohne<br />

Seil, rein technisch eine Spielerei. Wir<br />

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