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125 JahreSektion Gera (6,86 MB)

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merte uns leise, dass wir den großartig<br />

bestellten Kaffee wahrscheinlich „etwas<br />

später“ trinken würden.<br />

Nun trabten wir im Eilschritt auf dem<br />

treffl ichen Wege ins Obere Schrammacherkar<br />

hinüber, fassten Wasser und<br />

stiegen in sengender Sonnenglut über die<br />

Moräne zum Oberen Schrammacherkees<br />

hinauf.<br />

Zur Vermeidung späteren Aufenthaltes<br />

legten wir gleich am Rande des Gletschers<br />

die Eisen an, banden uns ans lange<br />

Seil und betraten das Eis.<br />

Anfänglich ging alles leicht. Doch bald<br />

mehrten sich die unüberschreitbaren<br />

Spalten und zwangen zu zeitraubenden<br />

Umwegen. Hatten wir einen Eiswulst<br />

erklommen und hofften auf besseres<br />

Gelände, so grinste uns sofort wieder ein<br />

weit klaffender Eisrachen entgegen.<br />

Langsam, ach so langsam drangen wir<br />

vor, und schnell, ach so schnell reiste die<br />

Sonne nach Westen! Mit eiserner Beharrlichkeit<br />

weiterarbeitend, erreichten wir<br />

endlich das spaltenärmere Firngebiet<br />

unter dem Südgrat, querten es in aller Eile<br />

und fanden wirklich eine abenteuerliche<br />

Firnbrücke, die die gütige Vorsehung am<br />

Fuße einer zur Grathöhe führenden Rinne<br />

hatte stehen lassen.<br />

Behutsam tastete ich hinüber, verankerte<br />

mich in den Felsen und ließ den Zweiten<br />

nachkommen. Unter der Last des Dritten<br />

stürzte die Brücke mit zornigem Krachen<br />

zusammen, doch wir waren gut vorbereitet<br />

und konnten ihn halten. Bald darauf<br />

standen wir auf dem aus hohen Blockstufen<br />

erbauten Südgrat des Schrammachers<br />

und kletterten, körperlich wohl etwas<br />

müde, aber innerlich triumphierend,<br />

das letzte Stück hinauf.<br />

Nun standen wir neben dem Steinmann,<br />

dem letzten menschlichen Lebenszeichen,<br />

einem Lebenszeichen – aus Stein!<br />

Es war halb fünf Uhr nachmittags, und<br />

die Kaffeestunde war längst vorüber.<br />

Unser war der Erfolg! Durch ehrliches<br />

Mühen war er verdient – und doch war<br />

116<br />

er im Grunde ein Geschenk! Denn ganz<br />

sicher hatten uns gute Schutz engel beschirmt,<br />

als wir wie die Katzen über die<br />

morschen Eisbrücken des nachmittäglichen<br />

Schrammacherkeeses geschlichen<br />

waren. Mögen sie auch unsere Heimkehr<br />

behüten!<br />

Doch jetzt umfl utete uns verschwenderisch<br />

das goldene Licht des Himmels und<br />

eine unbeschreibliche Freude sang und<br />

schwang im Innern. Wie losgelöst von<br />

der Welt genossen wir die Rast auf dem<br />

schwer errungenen Gipfel und grüßten<br />

die in fabelhaften Farben erglühenden<br />

Zinnen des Fußsteines und Olperers.<br />

Dann kletterten wir den Südgrat wieder<br />

hinunter, stiegen aber nicht links durch<br />

unsere Felsrinne aufs Schrammacherkees<br />

ab, sondern bogen vor einem großen, gelben<br />

Felsturm rechts auf das Stampfl kees<br />

hinüber. Eine schöne, steile Eisbrücke<br />

half uns vom Fels auf den fast spaltenlosen,<br />

mäßig fallenden Firn, über den wir<br />

nun bis zu jenem fl achen Schneesattel<br />

hinuntertrabten, in dem sich Schrammacher-<br />

und Stampfl kees die Hände reichen.<br />

Hier wechselten wir aufs Schrammacherkees<br />

zurück und schritten ohne Gefahr<br />

und Mühe kräftig aus, denn wir hatten<br />

uns von oben einen Weg zurechtgelegt,<br />

der abseits von unserem Aufstieg lag und<br />

durch harmlosere Gletscherteile führte.<br />

Um 7 Uhr abends knoteten wir am Rande<br />

des Eises die Seile los, die uns viele Stunden<br />

lang kameradschaftlich verbunden<br />

hatten.<br />

Nun konnten wir uns auch wieder der<br />

Landschaft widmen. Am Hochfeiler<br />

wollten wir uns gar nicht satt sehen! In<br />

märchenhaftem Glanze standen seine<br />

scharfen Eisfi rste vor dem dunkelblauen<br />

Abendhimmel. und die jähe Schlegeiswand<br />

blickte in furchtbarem Ernst<br />

herüber.<br />

Bei leise einfallender Dämmerung stolperten<br />

wir über die Moräne hinab, und<br />

als wir den Schrammacherweg just bei<br />

einer sprudelnden Quelle erreichten, war

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