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125 JahreSektion Gera (6,86 MB)

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Badile. Die glatten Platten beim Zustieg<br />

vertreiben die letzte Müdigkeit. Vorm<br />

Beginn der Nordkante quert das Trio in<br />

die Nordostwand. Plötzlich ist es still.<br />

Nur drei Japaner klettern in der ersten<br />

Seillänge der Cassinführe. Die Augen<br />

saugen sich am Fels fest, verfolgen logische<br />

Linien, verirren sich, fi nden neuen<br />

Halt, wandern bis zur Grenze zwischen<br />

Stein und Himmel empor und langsam<br />

begreifen die drei, das wird hart, die<br />

27 Seillängen durch diesen Felsriegel.<br />

Steile Risse, glatte Platten, abdrängende<br />

Verschneidungen, bierbauchige Überhänge,<br />

kühne Quergänge und ein etwas<br />

wirrer Wegverlauf fordern Ausdauer<br />

und äußerste Konzentration. Besonders<br />

einige ausgesetzte Hakenstände treiben<br />

die Schweißperlen auf die Stirn. Hier ist<br />

eindeutig fallen verboten. Später in den<br />

Kaminen stecken völlig fehl am Platz<br />

an den Ständen Bohrhaken. Vorm Grat<br />

wird’s nochmal kniffl ig und ausgesetzt<br />

und dunkel. Nach durchstandener Biwaknacht<br />

blitzt die Sonne diamantgleich<br />

über die gegenüberliegende Bergkette<br />

und in lockerer Genusskletterei erreicht<br />

das Trio den 3308 Meter hohen Gipfel.<br />

Der Abstieg erfolgt über die Normalroute<br />

nach Italien, gespickt mit einigen<br />

Abseilstellen. Eine Schafherde bringt<br />

zum Ausdruck, dass der Wechsel von<br />

der Senkrechten zur fast Waagerechten<br />

vollzogen ist und auch Hütte und Bier<br />

sind nicht mehr weit.<br />

3. Akt: Der Rückmarsch<br />

Darsteller: Das Trio, Murmeltiere, Hüttenpersonal<br />

und -gäste<br />

Dialoge: Zieh durch! Die Kante auch<br />

noch. Berg heil! Super markiert bis zum<br />

Pass – und nun? Hier runter? Ich glaub’s<br />

nicht. Zisch – ping – pong – krach! Lieber<br />

Gott, dich gibt es nicht (?) – lass mich<br />

trotzdem nicht im Stich. Überlebt! So was<br />

übles bin ich noch nie gegangen. Pass<br />

heil, das war der letzte heute. Fiiie – fi iie!<br />

Die glücklichen Murmeltiere. Man das<br />

zieht sich. Noch’n Toast noch’n Bier oder<br />

zwei. Jetzt noch ins Tal? Ja!<br />

Handlung: Am Felszahn La Vecchia<br />

steigt das Trio zwei Routen. Gegen<br />

Mittag geht’s über den Porcelizzo-Pass<br />

Richtung Schweiz. Der Abstieg durch<br />

eine Firn-Eisrinne entpuppt sich als<br />

Supermurmelbahn des Schicksals. Die<br />

lustig durch die Kante jaulenden Kullerbrocken<br />

kommen vor lauter Neugier so<br />

nah, dass schon mal der Schwefelgestank<br />

der Hölle verdammt scharf in der Nase<br />

beißt und sich hinterrücks eine auffällige<br />

Schließmuskelschwäche abzeichnet.<br />

Zum Glück schlägt weder was Hartes<br />

ein, noch fällt was Weiches raus. Der<br />

nächste Pass und der Abstieg zur Hütte<br />

fordert lediglich ein wenig Biss. Biss und<br />

Schluck lässt später der Wirt rüberwachsen.<br />

Und abends in Bondo bei Lampenschein<br />

summt der Kocher, schmeckt der<br />

Wein.<br />

Epilog:<br />

Außer einigen Quanten Adrenalin nichts<br />

eingebüßt. Die „Heldenbrust“ herausgedrückt<br />

bis zum nächsten Hustenanfall<br />

ob der ungewöhnlichen Haltung. Am<br />

Palü-Mittelpfeiler dann zwei Tote. Eislawine.<br />

Haben zu tief in den brodelnden<br />

Hexenkessel geschaut. Wir ändern unser<br />

Ziel. Tanzen lieber bloß auf dem Kesselrand.<br />

Bei saudummem Wetter natürlich.<br />

Saudumme Bergsteiger bei saudummem<br />

Wetter auf nem saudummen – nein, nein,<br />

der Berg kann wirklich nichts dafür und<br />

das Wetter eigentlich auch nicht. Bleibt<br />

das saudumm nur an uns selbst hängen.<br />

Saunass trudeln wir bei Dauerregen gegen<br />

Mittag wieder in der Hütte ein. Aber<br />

ne tolle Aussicht oben auf 3906 Metern<br />

Höhe. Links Graupel, rechts Regen, vorn<br />

Nebel, hinten Wolken und mittendrin<br />

zwei saudumme ... – aber das steht ja<br />

schon mal da.<br />

Nasse Klamotten, heißer Tee und schon<br />

träumen wir vom Val die Mello. Das<br />

Bild schwebt wie eine Fata Morgana im<br />

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