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125 JahreSektion Gera (6,86 MB)

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Entstehung des Alpinismus<br />

„Bei Zirl steigt man ins Inntal herab. Die Lage ist unbeschreiblich schön, und der<br />

hohe Sonnenduft macht sie ganz herrlich. Ich habe nur einige Striche aufs Papier<br />

gezogen, der Postillon hatte noch keine Messe gehört und eilte sehr auf Innsbruck,<br />

es war Marientag. Nun immer an dem Inn hinab, an der Martinswand vorbei, einer<br />

steil abgehenden ungeheuern Kalkwand. Zum Orte, wohin Kaiser Maximilian sich<br />

verstiegen haben soll, getraute ich mir wohl ohne Engel hin und her zu kommen, ob<br />

es gleich immer ein frevelhaftes Unternehmen wäre.<br />

Innsbruck liegt herrlich in einem breiten reichen Tale, zwischen hohen Felsen und<br />

Gebirgen. Von da fuhr ich um zwei Uhr ab und war halb acht hier auf dem Brenner.<br />

Von Innsbruck herauf wird es immer schöner, da hilft kein Beschreiben. Man<br />

kommt eine Schlucht herauf, wo das Wasser noch dem Inn zu stürzt. Eine Schlucht,<br />

die unzählige Abwechslungen hat. Bald ist die Seite gegenüber nicht abhängiger,<br />

als dass nicht noch sollte der schönste Feldbau darauf geübt werden. Es liegen<br />

Dörfchen, Häuser, Hütten, Kirchen, alles weiß angestrichen, zwischen Feldern und<br />

Hecken auf der abhängenden hohen Fläche. Bald verengt sich’s, es wird wieder steil<br />

abfallendes Tal etc.“<br />

Als Johann Wolfgang von Goethe am<br />

Abend des 8. September 17<strong>86</strong> in einem<br />

„sauberen und bequemen Gasthaus“ auf<br />

dem Brenner jene Sätze in sein Tagebuch<br />

einer Italien-Reise notierte, gehörte er<br />

durch seine Schweizer Reisen sicher<br />

schon zu jenem damals noch sehr kleinen<br />

Kreis von Hochgebirgstouristen, die in<br />

der zivilisationsfernen Welt der schnee-<br />

und eisgepanzerten Felsgiganten mit<br />

den dort tobenden Naturgewalten nichts<br />

Feindliches, sondern ganz im Gegenteil<br />

die Verheißung außerordentlicher Schönheit<br />

und intensiven Naturerlebens sahen.<br />

Als Goethe am 22. Juni 1775 auf dem<br />

2114 m hohen St. Gotthard weilte, erfuhr<br />

er, dass das dortige Hospiz schon vor<br />

hundert Jahren errichtet wurde und die<br />

Passstrasse von Andermatt über den St.<br />

Gotthard nach Airolo bereits seit 1230 bestand,<br />

auf der noch die alten Kaiser gern<br />

zwischen Deutschland und Italien hin<br />

und her zogen. Doch schon im 17. Jahrhundert<br />

wurden die Passstrassen über<br />

die Alpen als Handelswege zwischen<br />

6<br />

Mittel- und Südeuropa immer wichtiger<br />

und zunehmend besser befestigt und ausgebaut.<br />

Welch hohen wirtschaftlichen<br />

Stellenwert diese Alpenstraßen für die<br />

Anrainerländer schon damals hatten,<br />

wird durch den forcierten Bau technisch<br />

höchst anspruchsvoller Bahnlinien auf<br />

diesen Trassen (Brenner, Gotthard) im<br />

19. Jahrhundert deutlich. Von einem<br />

Tag zum andern hatten die Fuhrwerke<br />

und Pferdekutschen als Transport- und<br />

Fernreisemittel ausgedient und die erschwinglichen<br />

Fahrten mit der Dampfeisenbahn<br />

hatten eine ungeheure Mobilitätszunahme<br />

auch in den weniger wohlhabenden<br />

Bevölkerungsschichten zur<br />

Folge. Während Goethes Pferdekutsche<br />

für die Fahrt durchs Wipptal von Innsbruck<br />

bis zum Brenner noch fünfeinhalb<br />

Stunden benötigte, legte 80 Jahre später<br />

die Eisenbahn die gleiche Strecke in<br />

knapp zwei Stunden zurück. Bis zur Eröffnung<br />

der Brennerbahn im Jahre 1<strong>86</strong>7<br />

verkehrten zwischen Innsbruck und Bozen<br />

in jeder Richtung täglich zwei Post-

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