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125 JahreSektion Gera (6,86 MB)

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man hier“ meinte er, und bald hatte er<br />

auch das ganze Hakensortiment bei sich.<br />

Endlich saß einer. Die Trittschlinge einhängen,<br />

ein zarter Belastungsversuch,<br />

dann das ganze Gewicht daran gehängt<br />

und alles hing plötzlich wieder zwei<br />

Meter tiefer. „Pest und Schwefel“, wetterte<br />

Sigi und ging zum zweiten Versuch<br />

über. Der Erfolg blieb nicht aus. Der Riss<br />

musste sich ergeben. Als Sigi drei Stunden<br />

später zu seinen Kameraden schaute,<br />

stellte er fest, dass auch mit den schmalen<br />

„Römerschwertern“ und viel Geduld<br />

etwas Höhe zu gewinnen war. Doch jetzt<br />

war’s aus. Kein Haken hielt, und schon<br />

seit einer Stunde stand Sigi in den Trittleitern<br />

und klopfte. Jedoch wen die Kletterwut<br />

einmal gepackt hat, der gibt nicht<br />

auf. An seinen wortkargen Antworten<br />

auf Fragen von unten merkte man, dass<br />

er knobelte. Dann ein paar spannende<br />

Sekunden. Einige Male schob sich die<br />

Hand mit der Trittschlinge höher, bis alle<br />

vier aufatmeten und Sigi verkündete:<br />

„Ich glaube, die schwerste Stelle haben<br />

wir“. Als dann Günter und später Matz<br />

nachkamen und ratlos vor der Stelle<br />

standen, gab er das Rezept: „Man nehme<br />

einen Fiechtelhaken in die Hand, stecke<br />

ihn in die Einschlagstelle eines alten<br />

Hakens, verdrehe ihn und steige dann<br />

langsam höher bis auf den Haken“. Als<br />

Sigi den Hakentrick hinter sich hatte, sah<br />

er, was alle viel weiter oben erwartete:<br />

die sagenhaften Nietenköpfe. Oh Jurek,<br />

edler Mahner, den Draht hatten wir doch<br />

vergessen! Aber das Glück war uns hold.<br />

An jedem Niet hing schon ein Stückchen<br />

1 bis 2 mm starker Draht. Hier soll man<br />

sein junges Leben dranhängen? Fragte<br />

sich Sigi. Doch wider Erwarten hielten<br />

die Draht-Roststückchen, und Manfred<br />

machte später die Erfahrung, dass sogar<br />

die 1-mm-Dederonschnur, die als altes<br />

Überbleibsel an den Nieten hing, sein<br />

Gewicht aushielt. Nach vier Metern war<br />

der Standplatz erreicht. Es war zumindest<br />

der erste Platz der Seillänge, an dem<br />

124<br />

ein Fuß ohne Trittschlinge Unterkunft<br />

fand. Während Günter 30 Meter tiefer<br />

seine alpine Technik im aufkommenden<br />

Schneetreiben um manchen Kniff<br />

vervollständigte, stand Sigi geschützt<br />

unter dem gewaltigen Balkon, über den<br />

sich eine Hakenreihe gleich einer langen<br />

Perlenkette hinaufzog. Sechs Meter<br />

hängt nach Jureks Aussagen dieser<br />

„Wandschlüssel“ über. Bedenklich dabei<br />

war, dass in drei Stunden die Dunkelheit<br />

einsetzte und auf eine mondhelle Kletternacht<br />

war nicht zu hoffen. Um uns zu<br />

ärgern, rief Matz von unten hoch, dass er<br />

eine Taschenlampe besitze. Als Fundort<br />

gab er allerdings das untere Ende der<br />

Mönchrinne an, wo wir heute früh die<br />

Rucksäcke gelassen hatten. Auf Grund<br />

der Zeit und der Schwierigkeiten machten<br />

wir aus den beiden Seilschaften eine<br />

und legten unsere Hoffnungen in Günter,<br />

der unsere Spitze weiter vorantrieb.<br />

Aber es ging nicht weit. Vier Meter höher<br />

lag wieder eine der technischen Raffi -<br />

nessen. Es schien ein Haken zu sein mit<br />

einer etwa 4 mm starken Öse. Ohne ihn<br />

war kein Weiterkommen möglich, und<br />

er steckte soweit in der stumpfen Verschneidung,<br />

dass von keiner Seite an ihn<br />

heranzukommen war. Dünne Schlingen,<br />

Draht von den Nieten, unsere Hammerschnur,<br />

alles war vergebens. Matz, am<br />

Sicherungsplatz, übernahm sofort Sigis<br />

Sicherung, der sich zum Bauen anschickte,<br />

obwohl Günter meinte, es reiche trotzdem<br />

nicht. Nun hingen sie zu zweit an<br />

einem Haken in den Trittschlingen und<br />

manipulierten und exerzierten „Hoch<br />

– Runter“. Eine falsche Bewegung und<br />

Günter, der mit den Händen nicht den<br />

kleinsten Halt fand, musste „Fallobst“<br />

spielen! Als er nach dem dritten Versuch<br />

wieder glücklich in den Trittschlingen<br />

stand, waren wir ratlos. Sigi stieg wieder<br />

zurück und Günter bastelte weiter. „Der<br />

letzte Versuch“, tönte es herab. 40 Meter<br />

tiefer ist ein Band, auf dem man die<br />

Wand queren kann.

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