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125 JahreSektion Gera (6,86 MB)

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Verbleib der oben Genannten gegeben<br />

werden. Obgleich dies sehr auffällig<br />

erschien, dachten wir doch nicht an ein<br />

Unglück, und erst nach mehreren Tagen<br />

ging man daran, nach den nunmehr als<br />

abgängig anzusehenden Touristen zu suchen<br />

und fand diese nach längerem Suchen<br />

erfroren im Wildlahner Ferner auf.<br />

Für diejenigen, denen die Gegend der<br />

Katastrophe bekannt ist, und wer Gelegenheit<br />

hatte, die sonstige Vorsicht Ofers<br />

zu beobachten, ist das damalige Unglück<br />

unbegreifl ich: man kann nur immer wieder<br />

zur größten Vorsicht ermahnen. Ehe<br />

man in solchen Spaltengebieten vorwärts<br />

geht, muss sich der Vorausgehende in<br />

vollkommen gesicherter Stellung und an<br />

genügend langem, festem Seil befi nden.<br />

Scheinbar ganz harmlose, ungefährliche<br />

Touren können bei ungünstigem Wetter<br />

durch Vereisung, Schnee und Nebel<br />

schwer und gefahrvoll werden.<br />

Hierüber wurde ich durch einen Schneesturm<br />

auf der Alpeiner Scharte belehrt,<br />

welche schon damals durch Wegbau ganz<br />

harmlos und gut passierbar erschien,<br />

aber bei dem herrschenden Schneesturm<br />

sehr unheimlich wurde.<br />

Deshalb will ich auf Beachtung der<br />

Warnungen bei ungünstiger Witterung<br />

hinweisen.<br />

Warnen möchte ich auch vor dem bei<br />

vielen noch nicht genügend Kundigen so<br />

beliebten Alleingehen und führe hierfür<br />

ein Beispiel aus meinen zahlreichen Erinnerungen<br />

an: Zur Zeit, als der Weg vom<br />

Schlüsseljoch über den Wolfendorn zur<br />

Landshuter Hütte gebaut werden sollte,<br />

war ich mit meiner Frau auf Brennerpost.<br />

Es war 1903! Meine Frau bemerkte eines<br />

Morgens gegen 8 Uhr: „Wenn Du heute<br />

Deine in Aussicht genommene Tour ausführen<br />

willst, so tue es. Ich muss meine<br />

schuldigen Briefe schreiben und kann<br />

deshalb keinen Ausfl ug mitmachen.“ Es<br />

war die Zeit schon etwas vorgeschritten,<br />

aber ich dachte, das machen wir,<br />

und machte mich schnell bereit. Es war<br />

scheinbar schönes Wetter, und ich glaubte,<br />

die Wegarbeiter auf der Trasse anzutreffen.<br />

Ich war mit allem Nötigen schwer<br />

bepackt und hatte auch noch den Photographenapparat<br />

und das Stativ bei mir.<br />

Als ich aber nach der Wolfendornspitze<br />

kam, stellte sich ganz plötzlich Nebel und<br />

unübersichtliches Wetter, dann leichter<br />

Neuschnee ein. In kurzer Zeit waren<br />

die Wegspuren beinahe unkenntlich geworden.<br />

Von den erwarteten Wegbauern<br />

war trotz Rufens nichts zu sehen oder zu<br />

hören. Ich hatte schon Mühe, die Wegzeichen<br />

zu fi nden. Aber auslachen lassen<br />

wollte ich mich wegen meiner Rückkehr<br />

auch nicht. So umging ich nach einigen<br />

misslungenen Versuchen, den neuen Weg<br />

zu erkennen, die Spitze in der Richtung<br />

zu dem mir etwas bekannten Felsgrat gegen<br />

den Wildsee und die Wildseespitze,<br />

in welcher ich auf den projektierten Weg<br />

zu treffen hoffte. Ich ging ohne Aufenthalt,<br />

immer am Felsgrat entlang, weiter,<br />

kam zu einem halb im Schnee verborgenen<br />

Drahtseil, also an eine bedenklichere<br />

Stelle, und wanderte ohne Mittagspause,<br />

immer weiter. Umkehr war jetzt nicht<br />

mehr ratsam, und so kletterte und watete<br />

ich immer weiter, bis es bereits anfi ng,<br />

stark zu dunkeln. Endlich sah ich das<br />

Licht der Landshuter Hütte, wo ich vollständig<br />

erschöpft und zu Tode ermüdet<br />

ankam. Ich wurde, dort angelangt, wie<br />

es auch ganz verdient war, tüchtig wegen<br />

meines Leichtsinns gescholten, mit Tee<br />

und Erbssuppe gestärkt und gut gesättigt<br />

ins Bett gebracht. Am andern Tage<br />

aber ging ich, bloß mit dem Photoapparat<br />

ausgerüstet, bis zum Pfi tscher Jochhaus,<br />

um die Fortsetzung des Weges in dieser<br />

Richtung zu verfolgen, dann zurück zur<br />

Landshuter Hütte und über Vennatal zurück<br />

nach Brennerpost. So war die Tour<br />

zwar für mich ohne Schaden verlaufen,<br />

aber es war auch meine einzige „Alleingängertour“<br />

und sie blieb es.<br />

Dr. Max Schröder (1903)<br />

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